Lehrauftrag

Lehraufträge kommen und gehen, wie ihre Beauftragten. Sie beginnen mit einem Werkvertrag, der per Post zugestellt oder in einem halbvertrauten Sekretariat der Verwaltung unterschrieben wird; sie enden mit einem Seminarraumschlüssel, der zusammen mit einigen Listen in einen Briefumschlag gesteckt und in einem Postkastenschlitz verstaut wird, weil diejenigen, die vor Ort arbeiten, zum Zeitpunkt des Seminarendes bereits außer Haus sind.

Die Universität stimmt die anwesende Abwesenheit der Lehrbeauftragten mulmig, weil sie eine Stellenlosigkeit bloßstellen. Die Verwaltung empfindet ihre spontanen Auftritte und systemunvertrauten Anfragen nicht selten als Störung. Im Unterschied zu Gastvorlesenden sind Lehrbeauftragte keine Gäste. Sie werden nicht eingeladen, begrüßt oder verabschiedet, sondern beauftragt, wie Handwerker, nur ohne Kostenvoranschlag. Ihre Lehre machen sie selbstständig. Erfahrungsstufen klettern sie nicht hinauf. Lehraufträge sind Auftragsarbeiten akademischer Lehre.

Viele von uns haben sich viele Male per Unterschrift mit dieser Existenzform einverstanden erklärt, Wanderjahre von Sommer- bis Wintersemester unternommen, verschiedene Beamerfernbedienungen durch die Hände gewechselt, Memory Sticks vollgeladen, gedropboxed, Namen schnell gelernt und schneller wieder vergessen, Anfragen nach Betreuung von Abschlussarbeiten zurückgewiesen, keine Empfehlungsschreiben verfasst, Folgeseminare ausgeschlossen, an Bindungen zu Studierenden nicht angeknüpft oder thematisch etwas im nächsten Jahr weiterentwickelt. Es ist kein universitärer Alltag, aber ich höre mich sagen, ich unterrichte an der Universität.

Der Lehrauftrag beginnt jedes Mal bei Null. Man kann ihn wiederverwerten, niemand ist traurig, wenn sich ein Programm wiederholt. Es ist eine Form der Lehre, die angesichts der oft nicht abrechenbaren Fahrtkosten meist in Blöcken stattfindet. Das reduziert die Vorbereitung und multipliziert die Arbeit vor Ort. Nach drei Tagen enden die Blöcke an der Minibar billiger Hostels oder Hotels ohne Wellness. Manchmal auch in einer WG, in der man noch jemanden kennt.

Im letzten Semester haben wir einen Auftrag geteilt und die Handelsreise gemeinsam gemacht. Das war lustiger. Es zieht die Einsamkeit aus der Szene und die Hälfte des Einkommens. Wir haben ein Zimmer geteilt und abends Dschungelcamp gesehen und am nächsten Morgen mit den Studierenden darüber gescherzt. Dann haben wir die Koffer gepackt und auf der Rückfahrt über diesen oder jenen Kommentar von einer Studentin geredet, deren Namen man sich für die Zukunft hätte merken können, unter anderen Umständen.