In eigener Sache: Das Ende des Doppelhefts

Wir werden die Tradition der Doppel- bzw. Sonderhefte bis auf weiteres – das heißt ganz sicher in diesem Jahr, voraussichtlich aber auch darüber hinaus – nicht weiterführen. Wir haben uns lange mit dieser Entscheidung befasst und zunächst ja auch, mit den Heften zu Macht und Ohnmacht der Experten und Wir. Formen der Gemeinschaft in der liberalen Gesellschaft,  nach dem alten Muster  weitergearbeitet. Schließlich hat uns aber eine Reihe von Gründen dazu bewogen, das bisherige Konzept aufzugeben.

Einer davon war, dass uns nicht nur positive Rückmeldungen erreicht haben. Nicht nur für diejenigen unserer Leser, an deren Interessen das jeweilige Thema vorbeiging, scheint der Ausfall zweier regulärer Ausgaben nicht immer die reine Freude bedeutet zu haben. Es gab auch zahlreiche Stimmen, die den Parcours von 25 monothematischen Langtexten schlicht als ermüdend empfanden.

Zudem lag und liegt der finanzielle Aufwand für Produktion und Vertrieb des Doppelhefts deutlich über dem für zwei Einzelhefte. Die höheren Kosten wurden lange Zeit dadurch aufgefangen, dass von diesen Heften auch mehr Exemplare als sonst außerhalb der Abonnements verkauft wurden. Überdies sorgten der buchartige Auftritt und die Konzentration auf ein einziges Thema regelmäßig für ein erhöhtes publizistisches Echo vor allem in den Feuilletons. Beides ist nun aber schon seit einigen Jahren nicht mehr der Fall. Im Rahmen der Kulturberichterstattung in Presse und Hörfunk spielen Zeitschriften mittlerweile so gut wie keine Rolle mehr. (Für Ausnahmen sind wir dankbar.)

Zugleich werden Doppelhefte nicht länger stärker nachgefragt als Einzelhefte. Zum Teil mag das damit zusammenhängen, dass die Präsenz des Merkur im Handel in den vergangenen Jahren überhaupt stark zurückgegangen ist (eine Situation, die wir derzeit mit allen Kräften zu verändern versuchen). Aber die Rückmeldungen, die wir bekommen haben, lassen darauf schließen, dass das nicht der einzige und keinesfalls der wichtigste Grund für das sinkende Interesse an Doppelheften ist, sondern dass auch das Format selbst nicht mehr unbedingt zeitgemäß ist. Das publizistische Umfeld hat sich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte nämlich massiv verändert. Als die Doppelhefte eingeführt wurden – das erste (Zerstören und Bewahren) erschien 1985 –, gab es nicht sehr viele vergleichbare publizistische Angebote. Mittlerweile stehen wir damit in Konkurrenz zu zahllosen wissenschaftlichen Herausgeberbänden und von Buchverlagen zusammengestellten Essaysammlungen, die, anders als noch vor 20 Jahren, in Bezug auf den Themenzuschnitt, aber auch was Textformat und Auswahl der Autoren angeht, dem Doppelheft zum Verwechseln ähnlich geworden sind.

Hinzu kommt, dass die Vorbereitung eines monothematischen Hefts dieses Umfangs sich auch strukturell nur schwer in den Arbeitsfluss einer Monatszeitschrift einpassen lässt. Da zwischen 20 und 25 Autoren daran beteiligt waren, musste die Konzeption bereits Anfang jedes Jahres abgeschlossen sein. Das bedeutete, dass nur Themen infrage kamen, die so zeitlos allgemein formuliert waren, dass sie durch die Aktualität nicht überholt werden konnten – wodurch sich die Verwechselbarkeit mit herkömmlichen Aufsatzbänden noch einmal verstärkte. Wenn das Heft dann im September erschienen war, bestand zudem bis November keine Möglichkeit, auf aktuelle Debatten und Ereignisse zu reagieren.

Auch wenn wir das Doppelheft-Format also nicht mehr für sinnvoll halten, haben wir in den vergangenen gut zwei Jahren doch immer wieder in unseren regulären Heften Themenschwerpunkte gesetzt (der nächste wird im Novemberheft der Gegenwartsliteratur gewidmet sein) und wollen dies auch in Zukunft so halten. Das Prinzip, einzelne Fragestellungen zu vertiefen, geben wir also keineswegs auf, wir handhaben es lediglich flexibler. Unser Layout-Relaunch mit dem Januarheft wird uns erlauben, diese Schwerpunkte auch optisch deutlicher zu markieren.