Heft 879, August 2022

Die Literatur der Mitlebenden

Gegenwart als Aufgabe für die Literaturwissenschaft von Jörg Döring

Gegenwart als Aufgabe für die Literaturwissenschaft

Gegenwartsliteratur – Zeitliteratur

Vor einiger Zeit hat Carlos Spoerhase konstatiert, dass die Gegenwartsliteratur, die als Forschungsgegenstand fachgeschichtlich immer stark umstritten gewesen war, sich mittlerweile […] »in der Literaturwissenschaft breit gemacht« habe.1 Professuren »mit gegenwartsliterarischem Forschungs- und Lehrschwerpunkt« würden eingerichtet, und die darauf Berufenen begründeten entsprechend benannte Studiengänge. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft würden Forschungsprojekte zu gegenwärtig noch schreibenden Autorinnen und Autoren gefördert. Sogar Vorlesungen zur »Literatur des 21. Jahrhunderts« könnten inzwischen gehalten werden. Das war 2014. Unterdessen »könnte man fast schon eine Erfolgsgeschichte der Gegenwartsliteraturforschung schreiben«, heißt es bei Frieder von Ammon und Leonhard Herrmann, die mit einem eigenen Schwerpunkt im Branchenblatt Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes zu dieser Erfolgsgeschichte beitragen.2

Das Forschungsaufkommen zur Gegenwartsliteratur hat sich stark erhöht, laufend finden Tagungen in Anwesenheit der zu erforschenden Autoren statt, die Literaturdidaktik empfiehlt die Behandlung von Gegenwartsliteratur im schulischen Unterricht, weil deren Aktualitätsversprechen der weithin geschwundenen Lesemotivation auf die Sprünge helfen soll. Forschungsförderungsinstitutionen wie die DFG oder die VW-Stiftung fördern Graduiertenkollegs, die der Erforschung von Gegenwartsliteratur gewidmet sind.

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