Heft 870, November 2021

Die Wiederkunft der Information

von Daniel Allemann

Am Beginn des neuen Millenniums war das Wort »Information« zu einer Schlüsselkategorie der Ideen- und Mediengeschichte avanciert. Das Internet war zum Massenphänomen geworden, der Zenit des Informationszeitalters schien erreicht und die Zeit reif für eine historische Spurensuche. Das erste Jahrzehnt der 2000er Jahre wurde zur »Information History Decade« ausgerufen.1 Doch der neue Begriff zeigte rasch Abnutzungserscheinungen, und es wurde ruhig um die Informationsgeschichte. Umso überraschender ist das Erscheinen des Bands Information. A Historical Companion in diesem Frühjahr.2 Das Buch ist ein üppiger mehrhundertseitiger Wälzer in blauem Leineneinband mit goldener Gravur. Dreizehn Essays führen von der antiken Seidenstraße bis ins 21. Jahrhundert. Aber der Companion ist mehr als ein klassisches Handbuch. Mit 101 Einträgen zu einschlägigen Stichworten von Algorithmus bis Schriftrolle ist er zugleich Nachschlagewerk.

Information wird als globalhistorisches Alternativangebot zu einer anderen Superkategorie der Nullerjahre in Position gebracht: Wissen. 2005 lancierten die Universität und die ETH Zürich ein gemeinsames Zentrum für die Geschichte des Wissens, und spätestens mit der Publikation von Peter Burkes Einführung in What is the History of Knowledge (die deutsche Übersetzung trägt den Titel Die Explosion des Wissens) zehn Jahre später war das neue Forschungsparadigma auch in der anglophonen Welt allgegenwärtig geworden. Die Geschichte des Wissens umfasste grundsätzlich alles, was Menschen in der Vergangenheit gedacht, geschrieben und anderweitig hervorgebracht hatten. Sie richtete besonderes Augenmerk auf die Zirkulation von Wissen außerhalb der Universität. Und sie war um Blickpunkte jenseits der Galileis, Newtons und Darwins bemüht – auch wenn am Ende doch zumeist weiße Männer aus Europa dafür den Referenzrahmen bildeten.3

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