Die Zweiteilung der Menschheit
Zu den Ursachen homophober Gewalt von Norbert ReckZu den Ursachen homophober Gewalt
Die homophobe Gewalt in Deutschland nimmt zu. Die Kriminalstatistik für das Jahr 2022 weist – zusammen mit Angriffen gegen Inter- und Transpersonen – erneut einen Höchststand von 1400 Gewalttaten aus, mit einer wohl deutlich höheren Dunkelziffer. Angesichts dessen konnte Luise Amtsberg, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, eine gewisse Ratlosigkeit nicht verbergen: Auch »sechs Jahre nach der Einführung der Ehe für alle« sei in dieser Hinsicht »noch längst nicht alles gut«.1
Woran liegt das? Warum ist die Zahl der Gewalttaten nach der Streichung des § 175 im Jahr 1994 und der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare 2017 nicht zurückgegangen, sondern gestiegen? Ist es das veränderte gesellschaftliche Klima? Braucht es einfach noch mehr Aufklärungsarbeit oder ein Diskriminierungsverbot im Grundgesetz, wie es der Aktionsplan des Queer-Beauftragten der Bundesregierung vorsieht?
Möglicherweise hilft weder das eine noch das andere. Übersehen wird dabei nämlich, dass ein beträchtlicher Teil des gegenwärtigen Minderheitendiskurses die Ursachen der Diskriminierung nicht behebt, sondern ungewollt weiter fortschreibt.