Hongkong Cops
von Tilman BaumgärtelAm 12. August 2019 veröffentlichte der chinesische Staatssender CCTV im Internet ein bemerkenswertes Video. Der zweieinhalbminütige Clip sollte wohl Unterstützung für die Polizei von Hongkong zum Ausdruck bringen, die zu diesem Zeitpunkt schon seit über zwei Monaten bei den immer aggressiveren Straßenprotesten, Demonstrationen und einem Generalstreik im Einsatz war. Zu dramatischer Musik werden Polizisten in Uniform und Zivil bei der Arbeit gezeigt. Alle sehen sehr gut aus, tragen perfekt sitzende Maßkleidung, die Aufnahmen zeichnen sich durch exzellent gesetztes Licht und eindrucksstarken Farbeinsatz aus. Die ästhetische Qualität gleicht der eines Spielfilms.1
Kein Wunder – denn all die Szenen, die die Polizei von Hongkong bei der Arbeit zeigen sollen, sind aus Spielfilmen der vergangenen Jahre. Der größte Teil des Videoclips, der in den sozialen Medien Chinas Hunderttausende positive Kommentare einsammelte, sind aus erfolgreichen Filmen der letzten Jahre zusammengestückelt, aus Kassenschlagern wie Kill Zone (2005), Cold War (2012), Firestorm (2013), Line Walker (2014) oder Shock Wave (2017). Nur ganz am Ende sind kurz richtige Polizisten aus Hongkong in der Auseinandersetzung mit Demonstranten zu sehen, gefolgt von Bildern einer Kundgebung zur Unterstützung der Polizei.
Der Titel des Videos, der von Xiaoyang Video, der Kurzvideoplattform von CCTV, produziert wurde: Sir, 1,4 Milliarden Menschen unterstützen Sie! Gemeint waren wohl die 1,4 Milliarden Festlandchinesen, die nichts von den »Terroristen« und »Aufrührern« – wie die Demonstranten im Video genannt wurden – halten, die in Hongkong für den Rechtsstaat auf die Straße gingen. (Das »Sir« im Titel ist auch im chinesischen Originaltitel des Videos in lateinischen Buchstaben geschrieben und verweist auf ein sprachliches Relikt aus der britischen Kolonialzeit bei der Polizei von Hongkong. Dort spricht man nicht nur Vorgesetzte immer noch mit »Sir« an, obwohl man ansonsten auf Kantonesisch miteinander verkehrt.)