Gustav Seibt im Merkur

Gustav Seibt (geb. 1959) ist Publizist und Historiker. Für seine Bücher und Essays wurde er vielfach ausgezeichnet. Als Kulturjournalist und Literaturkritiker war für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Berliner Zeitung und Die Zeit tätig. Seit 2001 arbeitet er für die Süddeutsche Zeitung.
Gustav Seibt hat von 1987 bis 2011 insgesamt 28 Rezensionen, Geschichtskolumnen und Essays für den Merkur geschrieben. Dass man die meisten von Seibts Kritiken trotz des zeitlichen Abstands noch immer mit Gewinn lesen kann, liegt nicht zuletzt an seiner Gabe, Bücher vor dem Hintergrund übergeordneter Fragestellungen zu rezensieren. In „Zyklus von Erniedrigung und U?berhebung“ aus dem April 1990 etwa nutzte Seibt die Besprechung von Norbert Elias\' „Studien über die Deutschen“, um die historische Kurzsichtigkeit und Fantasielosigkeit der Debatten um die „Identität“ der Deutschen aufzuzeigen, die die Wiedervereinigung begleiteten (und im Zeichen des Populismus nach wie vor grundieren). Noch immer unbedingt lesenswert ist auch der Essay „Kann eine Biographie ein Werk zerstören?“ vom März 1998 zu der Frage, welchen Stellenwert die gebrochenen Lebensläufe von Paul de Man, Hans Robert Jauß, Hans Schwerte und Stephan Hermlin bei der Beurteilung ihres wissenschaftlichen bzw. literarischen Werks einnehmen sollten. Im selben Jahr konstatierte Seibt unter dem Titel „Strukturveränderungen in der kulturellen Öffentlichkeit“ (Heft 593, August 1998) einen zunehmenden Bedeutungsverlust des Feuilletons. Auch wenn man seiner These, der Niedergang des Feuilletons spiegele letztlich den „Niedergang der Kunst“, nicht unbedingt teilen muss: Die Indizien für die „neue Ohnmacht“ des alten Kulturjournalismus haben sich vor dem Hintergrund der Digitalisierung jedenfalls noch einmal massiv vermehrt. Wer sich für das Phänomen des ubiquitären, dabei aber merkwürdig unentschlossenen Berlin-Bashings interessiert, das das deutsche Feuilleton seit dem Hauptstadtbeschluss von 1991 liebevoll pflegt, sollte sich Seibts Essay „Berliner Leben“ nicht entgehen lassen. Der materialreiche Text aus dem April 2003 hat dazu ebenso viel Diagnostisches – etwa zum Ausbleiben des von jedermann jederzeit erwarteten großen Berlin-Romans – wie einschlägig Symptomatisches beizutragen: „Feinsinnige Essayisten streifen durch die Straßen, fu?hlen sich ein wenig wie Franz Hessel oder Joseph Roth und teilen uns mit großer Ernsthaftigkeit ihre Impressionen vom Stuttgarter Platz, vom Vo?lkergemisch in der U8 oder von den noch unentdeckten Reizen des Wedding mit.“
Zweite Lesung
Zweite Lesung: Gustav Seibt
Gustav Seibt empfiehlt zur zweiten Lesung den dreiteiligen Merkur-Text Unschuld an die Macht! von Karl Heinz Bohrer. Ein Gespräch mit den Merkur-Herausgebern Christian Demand und Ekkehard Knörer.
28 Artikel von Gustav Seibt