Aiwanger
Eine Schulgeschichte von Willi WinklerNach dem Vögeln reden wir meistens über Auschwitz, das heißt, nicht über Auschwitz direkt, sondern über das, was es in uns anrichtet und im öffentlichen Leben.
Iris Hanika
Anfang September musste Hubert Aiwanger nachsitzen. Er musste, der Horror für jeden Erwachsenen, nochmal in die Schule, musste in kurzer Zeit eine Strafarbeit abliefern und dann damit unter die Augen seines Lehrers treten. Dr. Söder hatte ihm diese Strafarbeit aufgebrummt, hatte ihm 25 Fragen vorgelegt, die möglichst schnell zu beantworten waren, Fragen, die klären sollten, was sich vor fünfunddreißig Jahren am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg abgespielt und was Aiwanger damit zu tun hatte. Ein Flugblatt kursierte damals, mit dem ein Wettbewerb »Wer ist der größte Vaterlandsverräter?« angekündigt wurde. Die Teilnehmer, hieß es in der Ausschreibung, sollten sich im Konzentrationslager Dachau zum Vorstellungsgespräch melden. Attraktive Prämien waren ausgesetzt: eine kostenlose Kopfamputation, ein ebenfalls kostenloser Genickschuss, dem Sieger winkte ein »Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz«.
Der Newsletter der Kulturzeitschrift MERKUR erscheint einmal im Monat mit Informationen rund um das Heft, Gratis-Texten und Veranstaltungshinweisen.