Heft 899, April 2024

Diesseits von Deutland

Replik auf Eva Geulen und Thomas Steinfeld von Erhard Schüttpelz

Replik auf Eva Geulen und Thomas Steinfeld

»Jazz is the teacher, funk is the preacher.« James »Blood« Ulmer

Bunte Götter

Eva Geulens Kritik meines Buchs über Deutland hat etwas von einer Wundertüte:1 Wie konnte Schüttpelz all das vergessen, was die Neuphilologien Gutes in die Welt gebracht haben? Als da wären: Walter Benjamin, vertiefte Kenntnisse der Barockliteratur, mustergültige Editionen, Übergänge zwischen Literaturkritik und Literaturgeschichte, Kontinuität von Laien- und Fachlektüre, die Aktualisierung kanonisierter Werke durch Interpretationen der Gegenwart im Lichte der Vergangenheit und vieles mehr. Diese Verdienste verlieren im Laufe des Textes an Schwung und Glanz, weil die Präsentation eine Aufzählung und die Aufzählung ohne Pro und Contra bleibt. Übergänge und Kontinuitäten dienen zur Verteidigung des Fachs Literaturwissenschaft und seiner angestammten Aufgaben. Literaturforschung kann so bleiben, wie sie ist.

Ist diese Wundertüte womöglich eine Schultüte, die nach dem ersten großen Tag gegen einen Schulranzen eingetauscht werden soll und dann ihren wohlverdienten Platz im Keller findet? Deutsch als Schulfach wird von Eva Geulen nicht eigens unter den neuphilologischen Errungenschaften genannt – und bleibt doch langfristig der stärkste Grund ihrer Finanzierung und ein gewichtiger Faktor ihrer Gegenstandskonstitution. Die Diskussion dieser beiden für mein Buch zentralen Größen wird von Geulen allem Anschein nach nicht in Zweifel gezogen.

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