Heft 889, Juni 2023

Musikkolumne

»Musikdinge« von Tobias Janz

»Musikdinge«

»Musik ist kein Ding«, lautet eine Redewendung, der man in musikalischen Theoriedebatten häufig begegnet. Was stimmt nicht an dem Satz und der manchmal mitschwingenden Emphase? Offensichtlich kann man Musik nicht aufhängen wie ein Bild oder aufstellen wie eine Skulptur. Wäre es so, würde man abgrenzend von Klangkunst und nicht von Musik sprechen. Musik ist flüchtig, sie ereignet sich performativ in der Zeit. Akzentuiert man das Tun, den Ausdruck oder das Erleben, sagt der Satz etwas nicht minder Selbstverständliches. Warum fällt er dann überhaupt?

Dass Musik in ihm negativ bestimmt wird, als etwas, was sie nicht ist, mag ein Indiz dafür sein, dass sich ein Bewusstsein von Musik als Ding mit einer gewissen Hartnäckigkeit und vielleicht sogar Berechtigung hält. Der Satz hätte dann nicht den deskriptiven Sinn einer Feststellung, sondern einen normativen Sinn. Er spräche aus, was nicht sein soll, würde dabei aber negativ aufzeigen, was in der Lebenswirklichkeit durchaus der Fall ist.

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