Heft 861, Februar 2021

Politikkolumne

Der lange Abschied der SPD Kleine Parteienkunde I von Christoph Möllers

Der lange Abschied der SPD Kleine Parteienkunde I

»But I’m never sure you can bribe the electorate financially. They are cleverer than that.«

Sasha Swire, Diary of an MP’s Wife

1. Am 23. September 2020, als die Partei nicht eben im Vordergrund des allgemeinen Interesses stand, titelte die FAZ in ihrer Hauptschlagzeile: »Das Ansehen der SPD auf neuem Tiefstand«. Als Anlass für diese Meldung genügte eine Umfrage. Wie beim von der Boulevardpresse vorgeblich fürsorglich begleiteten langen Sterben eines Prominenten kann bei der »ältesten Partei Deutschlands« immer noch jede kleine Verschlechterung der Lage als Neuigkeit zählen. Auch ist eine gewisse Lust am Siechtum selbst bei denen zu beobachten, die die Moribunde eigentlich mögen.

Daneben stehen die, die ihr wirklich helfen wollen. Der lange Abschied der SPD hat ein kleines Genre an Rettungs- und Beraterliteratur entstehen lassen, dessen Rezepte nicht recht anschlagen wollten, wenn sie denn von irgendwem zur Kenntnis genommen wurden.1 Das Bemerkenswerte an dieser Literatur ist ihre Gleichförmigkeit. Auf jede Wahlniederlage seit 2005 wurden von innen und außen die entsprechenden Rezepte empfohlen: Inhaltlich soll sie sich auf ihren sozialen Kern besinnen, auf »Gerechtigkeit«, organisatorisch unter Beteiligung der Mitgliederschaft modernisieren,2 gerne auch mit dem obligaten Hinweis auf die inhaltsvermeidende Strategie der »Digitalisierung«.

Möchten Sie weiterlesen?

Mit dem Digital-Abo erhalten Sie freien Zugang zum gesamten MERKUR, mit allen Texten von 1947 bis heute. Testen Sie 3 Monate Digital-Abo zum Sonderpreis von nur 9,90 Euro.

Jetzt Probelesen

Weitere Artikel des Autors