Heft 864, Mai 2021

Suizidhilfe – Aufstieg und Fall des Strafrechtsparagraphen 217

von Wolfgang Putz, Michael de Ridder

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020, welches das Suizidhilfeverbot des § 217 Strafgesetzbuch für nichtig erklärte, hat die alte, von 1871 bis 2015 geltende Rechtslage wiederhergestellt. Das Urteil stellt also im rechtlichen Sinne keineswegs, wie vielfach behauptet, eine »Liberalisierung« der Suizidhilfe dar, sondern die Rücknahme einer verfassungswidrigen Einschränkung von Grundrechten.

Bis 2015 war das Thema »Suizidhilfe« in breiten Kreisen der Bevölkerung, aber auch bei den Berufen, die Menschen am Lebensende beraten und versorgen, kaum ein Thema. Lediglich Humanisten, Agnostiker und andere »Außenseiter« griffen es auf. Es blieb ein gutgehütetes Geheimnis, dass Suizidhilfe für Freiverantwortliche – in aller Regel Schwerstkranke – auch in Deutschland zwar legales Handeln war, doch war es selten, endete unerkannt oder wurde totgeschwiegen. Ärzten und Rechtsanwälten blieb jedoch nicht verborgen: Es findet sich notfalls schon ein seelenverwandter Helfer, und häufig eben auch ein Arzt, der dann zusätzlich zur Suizidhilfe zur Bewahrung aller Beteiligten vor unliebsamen Nachforschungen auch noch eine »natürliche Todesursache« bescheinigt. Letzteres wiederum kann auch als Straftat verfolgt werden.

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