Heft 848, Januar 2020

Forschung im Medium der Universität

von Dirk Baecker

Dass man Forschung und Wissenschaft nicht miteinander verwechseln sollte, dürfte sich herumgesprochen haben. In der Wissenschaft wird geforscht, an der Universität gelehrt. Die Universität, noch vor ihrer Unterscheidung in Institution und Organisation,1 pflegt eine hybride Zuordnung sowohl zur Wissenschaft als auch zur Erziehung junger Menschen zum wissenschaftlichen Arbeiten beziehungsweise zur Arbeit mit wissenschaftlich unterstützten und überprüften Ideen. Es handelt sich nicht nur um Bildung oder Ausbildung, sondern tatsächlich um »Erziehung«, weil die Anpassung an die Selektionsbedingungen (Benotung, Graduierung) der Universität eine mindestens so große Rolle spielt wie die Auseinandersetzung mit den Inhalten der Lehre. Zu diesem Zweck erhält das erforschbare und befragbare Wissen der Universität eine lehrbare und prüfbare Form. Die vorher noch offene Frage nach möglichen Zugängen zu möglichen Gegenständen wird in die Form der Unterscheidung richtiger und falscher Antworten auf mögliche Fragen gebracht. Während in der Wissenschaft Fragen gestellt werden, gelten sie in der Lehre als beantwortet. Was könnten »Studentler« (Monika Rinck) andernfalls als lern- und prüfbares Wissen erwerben? Zwar gelten auch in der Wissenschaft Fragen als beantwortet, wenn man sie theoretisch und methodisch voraussetzen muss, aber dies ist immer nur vorläufig der Fall.

Zwar gibt es auch in der Wissenschaft Schulen, die ihr Wissen verteidigen, aber hier stellt sich die Frage, ob dies nicht bereits ein toxischer Effekt der Universität, der Konkurrenz um Lehrstühle und des Aufbaus von Schulen ist. Lehrbücher gibt es nur an der Universität, nicht in der Wissenschaft. Dort gibt es allenfalls Handbücher, mit denen man jedoch nur erreicht, dass ein Wissensstand markiert wird, von dem abzuweichen attraktiv ist. Wer dies an der Universität wagt, dokumentiert damit seinen wissenschaftlichen Ehrgeiz und hat damit die Ausbildung schon hinter sich.

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