Heft 855, August 2020

Fridays for Yesterday

Ein Kommentar zur politischen Ökologie von Markus Steinmayr

Ein Kommentar zur politischen Ökologie

Björn Höcke mag den Wald. Sein »Lieblingswald«,1 in dem er sich als Jünger’scher Waldgänger inszeniert und die kalte Distanz pflegt, ist nicht irgendein beliebiger Ort für Höcke und die Neue Rechte. Er und sie identifizieren damit Heimat, Distanz zur oder Schutz vor Zivilisation (oder zum Politikbetrieb), Ruhe und Stille. Diese hochaufgeladene Natur, die Höcke im Gespräch mit Melanie Amann immer wieder deutlich hervortreten lässt, hat natürlich eine politische Funktion: Der Bezug auf die »Natur« lässt umso mehr das für Höcke nicht mehr Heimat gebende Deutschland und die sich ständig wandelnde Zivilisation, in der es Schutzräume geben muss, hervortreten. Höcke beutet, zumindest geistig und politisch, also die Natur aus, indem er das Gewachsene, das organische Werden des Waldes, der Zivilisation entgegensetzt.

Der Raum des Waldes als Raum des Widerstands, den Höcke durchschreitet, fungiert darüber hinaus als imaginärer Ort der verhandelten Identität eines Volkes respektive einer Kultur.2 Höckes Begeisterung für die Wanderungen im Wald lässt sich aber nicht nur auf Ernst Jünger, sondern vielleicht auch auf die Lyrik Joseph von Eichendorffs zurückführen, insbesondere der umstrittenen Zeitlieder. Im Gedicht Appell heißt es: »Ich hört viel Dichter klagen || Von alter Ehre rein || Doch wen’ge mochten’s wagen || Und selber schlagen drein […] So stieg ich mit Auroren || Still ins Gebirg hinan, || Ich war wie neugeboren […] Die Hörer hört ich laden, || Die Luft war streng und klar – || Ihr neuen Kameraden, || Wie singt ihr wunderbar!«3

Möchten Sie weiterlesen?

Mit dem Digital-Abo erhalten Sie freien Zugang zum gesamten MERKUR, mit allen Texten von 1947 bis heute. Testen Sie 3 Monate Digital-Abo zum Sonderpreis von nur 9,90 Euro.

Jetzt Probelesen

Weitere Artikel des Autors