Karl Marx nach zweihundert Jahren
Historisierung, Kritik und Aktualität von Friedrich LengerHistorisierung, Kritik und Aktualität
2018 bot der zweihundertste Geburtstag von Karl Marx Anlass zum Rückblick auf diese für die Entwicklung der Sozialwissenschaften wie des politischen Geschehens im 19.und 20. Jahrhundert gleichermaßen zentrale Gestalt. Wurde der kalendarisch gebotene Anlass enthusiastisch genutzt oder eher pflichtschuldig begangen? Schon hier gehen die Ansichten weit auseinander. Während der renommierte Wissenschaftsverlag Palgrave Macmillan im zeitlichen Umfeld eine neue Reihe begründete, deren Herausgeber optimistisch eine »Marx-Renaissance im Weltmaßstab« diagnostizieren, zeigten sich die Organisatoren einer Trierer Konferenz erstaunt, dass ihr »Kongress die einzige größere wissenschaftliche Veranstaltung mit internationaler Beteiligung im Jahr des Marx-Jubiläums« gewesen sei.1
Nun liegt in beiden Fällen auf der Hand, wie Eigeninteressen die Wahrnehmung trüben können. Dass ein Verlag kaum eine Reihe auflegen würde, die einem »toten Hund« gewidmet ist, überrascht nicht; ebenso wenig der Anspruch der Tagungsorganisatoren auf Alleinstellung, der sie sowohl eine gleichfalls im Mai 2018 abgehaltene und ungleich internationaler besetzte Konferenz am Hamburger Institut für Sozialforschung als auch einen gleichfalls an Marxens Geburtsort organisierten Workshop übersehen lässt, dessen Ergebnisse nun eine Bilanz versprechen: What’s Left of Marxism.2