Keine Experimente
Über künstlerische Künstliche Intelligenz von Hannes BajohrÜber künstlerische Künstliche Intelligenz
Daniel Kehlmann hat kein Buch mit einer Künstlichen Intelligenz geschrieben; darüber hat er jetzt ein Buch geschrieben.1 In Mein Algorithmus und ich – es ist die Druckfassung seiner Anfang 2021 gehaltenen »Stuttgarter Zukunftsrede« – reist Kehlmann nach Palo Alto, wo er bei einem Startup Zugang zu einem KI-System bekommt, dem Sprachmodell CTRL. Im Dialog mit ihm will er erproben, ob mit KI Literatur zu machen ist. Kehlmann zeigt sich enttäuscht. Zu wenig narrativ kohärent, zu absurd sind die Ergebnisse, auch wenn hier und da Schönes aufscheint. Das Scheitern seines Ausflugs ins maschinelle Lernen ist dann auch die implizite Pointe seines Buchs: Der Mensch muss sich keine Sorgen machen, dass ihm die Literatur bald von KIs abgenommen wird.
Kehlmann, das merkt man, geht technisch nicht naiv an die Sache heran. Er schickt voraus, dass »KI« eigentlich eine Fehlbezeichnung ist, dass das, was man heute so nennt, weder Bewusstsein hat noch in irgendeinem wirklichen Sinn Intelligenz besitzt, sondern als statistisches Modell lediglich auf der Grundlage gelernter Daten Vorhersagen über wahrscheinliche Zustände macht.2 Bei sogenannten Sprachmodellen haben sowohl die gelernten Daten als auch die gemachten Vorhersagen Textform. Diese Modelle funktionieren nicht grundsätzlich anders als die Eingabevervollständigung im Smartphone: Nach »Guten« folgt wahrscheinlich »Morgen«, »Tag« oder »Appetit«.
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