Sinneskolumne
Die achtzehn Sinne von Bodo MrozekGibt man den Begriff »Sinne« bei Google ein, findet man mehrere Artikel aus der Tagespresse. Einer handelt von der Weltraumfahrt, ein anderer von einem verregneten Hoffest im niedersächsischen Stadthagen und ein weiterer vom Autohersteller Nissan. In dem Weltraum-Artikel will die zehnjährige Juliette von dem Astronauten Luca Parmitano wissen, »welchen seiner fünf Sinne« er im All am meisten brauche. Das Stadtfest regte trotz Dauerregens »alle fünf Sinne an«, und Gleiches haben sich die japanischen Autohersteller für ihren Stand auf einer Messe in Las Vegas vorgenommen: Er folgt dem Prinzip omotenashi (Gastfreundschaft), womit er »alle fünf Sinne« ansprechen will.
Die fünf Sinne, so könnte man dieser kurzen Stichprobe entnehmen, spielen nicht nur in sehr unterschiedlichen Situationen des Lebens eine Rolle; sie beschäftigen auch verschiedene Generationen in weit auseinanderliegenden Räumen. Tatsächlich ist die Vorstellung der fünf Sinne ein weitverbreitetes Konzept. Darin werden üblicherweise einzelne Bereiche parzelliert: Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken. Diese Jahrtausende alte Pentatonik lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen und prägt die populäre Vorstellung von der menschlichen Wahrnehmung bis in unsere Tage. Auch in das Bildgedächtnis hat sich diese Fünfheit eingebrannt: Niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts visualisieren sie in kunstvollen Arrangements aus verführerischen und verfaulenden Speisen, Musikinstrumenten und griffbereit platzierten taktilen Objekten. Die nüchternen Piktogramme unserer Tage, die Auge, Ohr, Hand, Nase und Mund zu Symbolen stilisieren, bilden numerisch nichts anderes ab: Fünf Sinne hat der Mensch.