Bodo Mrozek im Merkur

Bodo Mrozek, geb. 1968, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berliner Kolleg Kalter Krieg. 2023 erscheint Sensory Warfare in the Global Cold War. Partition, Propaganda, Covert Operations (Hrsg.).
Zweite Lesung
Zweite Lesung: Bodo Mrozek
n der Reihe Zweite Lesung empfiehlt Bodo Mrozek Reinhart Kosellecks „Vom Sinn und Unsinn der Geschichte“ aus dem Jahr 1997.
12 Artikel von Bodo Mrozek

Sinneskolumne

Neue Sinne: Die Digitalisierung der Wahrnehmung Die Revolution aus der Flasche heißt »air up«, besteht aus BPA-freiem Tritan ohne Weichmacher und hat ein Mundstück aus lebensmittelechtem Silikon, wie es auch in Babyschnullern verwendet wird. Den »No-Brainer unter den Geschenkbundles für air up® Newbies« gibt es zum Einstiegspreis von 39,95 Euro. Enthalten sind eine Trinkflasche für pures Wasser, eine Reinigungsbürste und sechs Pods. Mit diesem Begriff bezeichnet der Hersteller aufsteckbare

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Sinneskolumne

Bewaffnete Organe: Sensory Warfare Der Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan im Sommer dieses Jahres wurde weithin als Kapitulation wahrgenommen. Schnell standen die zurückgelassenen »afghanischen Verbündeten« nicht nur im Fokus der Nachrichtentexte, sondern auch in dem der Kameras. Neben den Bild-Ton-Reportagen, in denen Schüsse zu hören und Menschen zu sehen waren, die sich vor dem Kabuler Flughafen drängten, während sich Einzelne in ihrer Verzweiflung an das Fahrwerk einer startenden Maschine hängten,

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Sinneskolumne

Sensed Communities Nehmen wir zum Beispiel Jan. Jan entstammt der Mittelschicht, ist mittelalt und hochsensibel. Von Beruf Gymnasiallehrer, wohnt er in einer Großstadt, trinkt wenig, raucht gar nicht und nimmt auf alle Rücksicht. Auf seine Schüler, die er nicht schilt, auf seine Kinder, die er nicht schlägt, auf seine Frau, mit der er selten schläft, und auf die Natur, die er wenig schädigt. Seine Möbel sind aus Holz, er fährt Fahrrad oder S-Bahn. Strikt vermeidet er nicht nur rassistische Sprache; in seiner

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Sinneskolumne

Sensorischer Rassismus Die Szene spielt in der Stadt Albuquerque im US-Staat New Mexico. Drei Studierende sitzen zusammen in ihrem Haus. Die Nächte sind bereits kühl, darum betreiben sie, das wird noch von Bedeutung sein, einen Heizlüfter. Kurz zuvor hatten sie beim Einparken vor dem Haus einen Bordstein geschrammt. Keine große Sache, es war kein Schaden entstanden, und so ist die Bagatelle schon fast vergessen, als eine Faust gegen die Tür hämmert. Den Rahmen der eilig geöffneten Tür füllt die mächtige

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Sinneskolumne

Wahrnehmung unter »Hygieneregimen« Viren entziehen sich der menschlichen Wahrnehmung; sie machen sich erst durch Symptome bemerkbar. Die Zumutung, die aus dieser Nichtwahrnehmbarkeit resultiert, findet nicht nur in der lautstark artikulierten »Corona-Skepsis« ihren Ausdruck, die teils einen radikalen Sensualismus in Anschlag bringt, der sich weigert, Phänomene, die der eigenen Anschauung nicht unmittelbar zugänglich sind, als real zu akzeptieren: von der Aussage, man kenne persönlich keine Infizierten, bis

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Von Anywheres und Somewheres

Als der Vorsitzende der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland seinen ersten Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb, blieb der Protest nicht lange aus.1 Alexander Gauland hatte darin die Bildung einer »urbanen Elite« beklagt, die er als neue Klasse bezeichnete. Deren Mitglieder wohnten in Großstädten, sprächen fließend Englisch und zögen »zum Jobwechsel von Berlin nach London oder Singapur«, weswegen die Bindung »an ihr

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Sinneskolumne

Die achtzehn Sinne Gibt man den Begriff »Sinne« bei Google ein, findet man mehrere Artikel aus der Tagespresse. Einer handelt von der Weltraumfahrt, ein anderer von einem verregneten Hoffest im niedersächsischen Stadthagen und ein weiterer vom Autohersteller Nissan. In dem Weltraum-Artikel will die zehnjährige Juliette von dem Astronauten Luca Parmitano wissen, »welchen seiner fünf Sinne« er im All am meisten brauche. Das Stadtfest regte trotz Dauerregens »alle fünf Sinne an«, und Gleiches haben sich die

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