Jürgen Habermas im Merkur

Jürgen Habermas (geb. 1929) ist Philosoph und Soziologe. International bekannt wurde er durch seine Arbeiten zum Strukturwandel der Öffentlichkeit und zur Theorie des kommunikativen Handelns.
Jürgen Habermas hat von 1954 bis 1989 – bei seinem Debüt in der Zeitschrift war er gerade einmal Mitte zwanzig – insgesamt 44 Beiträge im Merkur veröffentlicht und war während dieser Zeit einer ihrer prägenden Autoren. Von besonderem zeitgeschichtlichem Interesse sind seine Analysen und Stellungnahmen zu den Studentenprotesten der späten 1960er Jahre, für die pars pro toto „Demokratisierung der Hochschule – Politisierung der Wissenschaft?“ (Heft 255, Juli 1969) stehen kann. Der Beitrag „Was heißt heute Krise? Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus“ (Heft 300, April 1973) ist nicht nur deshalb auch heute noch unbedingt lesenswert, weil über viele der dort beschriebenen Phänomene (Dysfunktionalität der Märkte, Ungleichverteilung der Vermögensverhältnisse, politisches Partizipationsdefizit) noch immer bzw. wieder öffentlich diskutiert wird. Er führt zugleich eindringlich das eigentümliche Profil des analytischen Instrumentariums vor, mit dem Habermas seine Gegenwartsdiagnostik bestritt. Habermas\' Rollenverständnis war von Beginn an interventionistisch. Er verstand sich als öffentlicher Intellektueller in dem Sinne, wie er es 1986 in dem programmatischen Essay „Heinrich Heine und die Rolle des Intellektuellen in Deutschland“ (Heft 448, Juni 1986) emphatisch beschwor: „Medium und Verstärker einer demokratischen Willensbildung“ im modernen Verfassungsstaat. Implizit konnte der Essay allerdings auch nahelegen, dass der öffentliche Intellektuelle, dessen Erfolgsgeschichte hier präsentiert wurde, dabei war, zu einer historischen Figur zu werden. Wie tiefgreifend die politischen, gesellschaftlichen und medialen Rahmenbedingungen sich seit der Paulskirchen-Ära gewandelt hatten, hatte Habermas bereits im Jahr zuvor in dem vieldiskutierten Essay „Die Neue Unübersichtlichkeit“ (Heft 431, Januar 1985) dargelegt. Angesichts des Verlöschens „utopischer Energien“ und des Schreckenspanoramas, das der Blick in die Zukunft an der Schwelle zum 21. Jahrhundert biete, fehle der „westlichen Kultur“ zunehmend das nötige Vertrauen in sich selbst: „Die Antworten der Intellektuellen spiegeln nicht weniger als die der Politiker Ratlosigkeit.“
Zweite Lesung
Zweite Lesung: Jürgen Habermas
Thomas Sparr empfiehlt den Text Tod in Jerusalem, den Jürgen Habermas anlässlich des Begräbnisses von Gershom Scholem 1982 verfasst hat. Ein Gespräch mit den Merkur-Herausgebern Christian Demand und Ekkehard Knörer.
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