Lunare Planspiele
Über die Rückkehr zum Mond von Bernhard J. DotzlerÜber die Rückkehr zum Mond
Mondvölker, Herden von Mondtieren, Städte, Seen, Meere?
Nichts von all dem fand sich, nichts,
was die Wissenschaft nicht bereits kannte …
Jules Verne, Von der Erde zum Mond
Die längste Zeit gab es den Aufenthalt auf dem Mond und anderen Himmelskörpern nur als Gedankenspiel: von Lukians Wahrer Geschichte aus dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung über Johannes Keplers Somnium und Cyrano de Bergeracs États et Empires de la Lune aus dem 17. Jahrhundert bis zu Hergés Tintin-Abenteuer On a marché sur la Lune (1954) und Arno Schmidts KAFF auch Mare Crisium (1960); von Georges Méliès’ Voyage dans la Lune (1902) über Fritz Langs Frau im Mond (1929) bis noch zu Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey (1968).
Dann kamen die Apollo-Missionen, die die ersten zwölf Menschen auf den Mond brachten und das Jahr 2000 endgültig zur Chiffre aller technophilen Zukunftsträume machten. Nicht nur hatte die Pan Am (Pan American World Airways) ihrem Space Clipper zuvor einen Kurzauftritt in Kubricks Film verschafft; die Fluggesellschaft führte auch schon Passagierlisten für Linienflüge zum Mond. Ab 2000, glaubte man damals, würde es so weit sein. Pan Am ging aber knapp ein Jahrzehnt zuvor schon pleite, und bereits seit dem 14. Dezember 1972, nachdem Eugene Cernan als letzter Astronaut den Mond verlassen hatte, ist alles wieder beim Alten: Mondspaziergänge gab und gibt es seitdem nur in der Fantasie.
Postapollinische Umtriebigkeit
Seither ist in der Raumfahrt viel geschehen. Nahtlos an das Apollo-Programm anschließend beförderten die USA das Skylab mit der letzten ihrer Saturn-V-Raketen in eine Umlaufbahn um die Erde. Vergleichbares gelang der UdSSR mit ihren Saljut-Raumstationen und der Mir. Seit gut einem Vierteljahrhundert kreist die Internationale Raumstation (ISS) um die Erde und beherbergte über siebzig Langzeitbesatzungen, seit vier Jahren zieht die Tiangong alias China Space Station (CSS) ihre Bahnen im erdnahen Orbit. Hinzu kommen die drei Jahrzehnte des Space Shuttle (1981–2011), dessen Design der Raumfahrt ein wenig von jenem James-Bond-Futurismus verlieh, wie ihn dann erst Elon Musks Anfang 2018 in den Weltraum geschickter Roadster mit dem Starman darin und wenig später Richard Bransons VSS Unity wieder in Szene setzten.
Überhaupt sind da nun auch mächtige privatwirtschaftliche Unternehmen wie Blue Origin, SpaxeX und Virgin Galactic sowie neue nationalstaatliche Umtriebigkeiten im Spiel. Japan hatte lange einen Versorgungstransporter für die ISS in Betrieb und entwickelt derzeit dessen Nachfolger (HTV und HTV-X). Indien verfolgt sein Chandrayaan-Programm. Israel hat Beresheet 2 nur verschoben, nicht für immer abgesagt. Und gerade im vergangenen Juni erst haben drei deutsche Landesherren (Baden-Württemberg, Bayern und Bremen) ihre space mindedness mit der Forderung kundgetan, Deutschland möge »in Sachen Raumfahrt auf dem Fahrersitz Platz [nehmen]«.