Würde kann es nur für alle geben
Zu Omri Boehms »Radikaler Universalismus« von Helmut DraxlerZu Omri Boehms »Radikaler Universalismus«
Die Erfahrung von Ungerechtigkeit scheint in den unterschiedlichen sozialen Kämpfen der Gegenwart in erster Linie eine Frage des Bewusstseins der eigenen Rechte zu sein. Diese wahrzunehmen setzt voraus, sich zuallererst der je eigenen Identität im Sinne einer bestimmten sozialen Zugehörigkeit zu versichern, um sie im Gefüge gesellschaftlicher Machtverhältnisse in Stellung bringen zu können. Emanzipatorische Politiken agieren fast durchgehend innerhalb eines solchen Bezugsrahmens aus Rechten, Identitäten und Macht; dabei bleibt jedoch ein irritierendes Moment erhalten, das die subjektkonstitutiven Voraussetzungen ebenso wie die kollektiven Vorstellungsweisen dieses Bezugsrahmens betrifft.
So fällt es etwa schwer, aus diesem heraus überhaupt noch eine Einheit sozialer Kämpfe und mithin das Verhältnis der unterschiedlichen emanzipatorischen Projekte zueinander zu denken; ebenso bleiben die negativen Abgrenzungsakte gegenüber denjenigen, die dem eigenen Emanzipationsanspruch entgegenstehen, weitgehend unbestimmt, was wiederum einen Raum für Gegenmobilisierungen im Namen anderer Rechte, Identitäten und Mächte öffnet.