Jürgen Große im Merkur

6 Artikel von Jürgen Große

Der Untergang

»Einheit«, »Beitritt«, »Anschluss« – für die DDR war es der Untergang. Über ihn kursieren allerlei Geschichten. Einige widersprechen, andere ergänzen einander. Mancher Erzähler trägt mehrere Geschichten zugleich vor und gilt doch nicht als historisch inkompetent, obwohl »vier Evidenzen weniger sind als eine« (André Glucksmann). Hier soll es um Untergangserzählungen von einem »real existierenden« Staat gehen. Unberücksichtigt bleibt das vom Herbst 1989 bis zum 2. Oktober 1990 existierende Gebilde.1

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Die leere Mitte

Nun ist es also doch so weit. Nach verlängerter Bauzeit und kräftig erhöhten Baukosten wurde das Humboldt-Forum eröffnet, wenigstens teilweise. Wie hatte vor vier Jahren der Initiator des Baus prophezeit? »Das neue Schloss von Berlin wird das erste sein, dass [!] die Bürger Deutschlands freiwillig bezahlten […]: Weil es zurückersehnt wurde.«1 Dennoch umgibt das »Schloss«, wie es statt »Humboldt Forum« meist genannt wird, eine Aura von Fragwürdigkeit. Nachträglichen Zweifel am Neubau und seiner urbanen

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Transformationen der Empfindsamkeit

Gefühlsaufgang: Die Empörten und die Empfindsamen Politische Farbkontraste von kulturellem Symbolwert sind in der Bundesrepublik Deutschland gut eingeführt. In ihren ersten Jahrzehnten standen Schwarz und Rot für politisch-kulturelle Alternativen, in den 1990ern (Kapitalismus oder Barbarei!) waren es wahrscheinlich Liberalgelb und Linkspurpur, inzwischen sind es Blau und Grün. Bemerkenswert an letzterer Konstellation ist, dass sich diese Alternativen nicht entlang von statistiktauglichen Kriterien

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