Heft 898, März 2024

Der Fluch der Minerva – Lord Byron und die Elgin Marbles

von Richard Schuberth

»Die Briten sagen, sie hätten die Marmore gerettet. Vielen herzlichen Dank. Aber jetzt gebt sie zurück.«

Melina Mercouri, 1983 in London

Graffiti auf historischen Kunstwerken werden allgemein als Beschädigung aufgefasst. Wie sieht es aber mit solchen aus, die die Beschädigung historischer Kunstwerke anprangern? Können sie mildernde Umstände geltend machen? Auf einer Säule des Erechtheions, eines Tempels auf der Akropolis, hat ein gewitzter Tourist den Spruch eingraviert: Quod non fecerunt Goti, hoc fecerunt Scoti – was die Goten nicht fertigbrachten, haben die Schotten vollendet. Eine Anspielung auf die spektakuläre Demontage von zwei Dritteln des Frieses, von Metopen und Skulpturen am Giebel des Parthenon sowie einer Karyatide, einer Mädchenfigur aus der Korenhalle des Erechtheions, durch Thomas Bruce, den 7. Earl of Elgin, in den Jahren 1803 bis 1811.

Für viele konnte nur Lord Byron der Urheber des Bonmots sein. Doch hatte dieser während seiner Athen-Aufenthalte zwischen 1809 und 1811 nur äußerst selten die Akropolis besucht. Andererseits würde die Ironie gut zu ihm passen. Und hatte er nicht in Childe Harold’s Pilgrimage (Canto the Second), in dem sich die wohl entschiedenste Kritik Elgins findet, ähnliche Zeilen gedichtet?

But most the modern Pict’s ignoble boast,

To rive what Goth, and Turk, and Time hath spared:

Cold as the crags upon his native coast,

His mind as barren and his heart as hard,

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