Die Kiffer der Käffer
von Leander SteinkopfWenn es im Sommer nach Gras riecht, dann riecht es einfach nur nach Gras. Im Winter ist es was anderes. Dann riecht Gras nach trüben Nachmittagen in der Schutzhütte am Waldrand, auf der Bank zwischen zwei Dörfern oder hinter der Rückwand einer Scheune. Kiffen bedeutete damals in der Jugend auf dem Land, auch bei schlechter Witterung draußen zu sein, in der Gruppe zu frieren und vom Regen nass zu werden, aber trotzdem dringend dabei sein zu wollen. »Kommste mit einen rauchen?«, war die Frage, auf die man mit Sicherheit »ja« sagte, auch wenn sie ehrlicher gelautet hätte: »Hast du Lust, eine halbe Stunde durch den Regen zu latschen, auf einer zugigen Holzbank mitten im Nirgendwo stundenlang auszuharren, um dann unterkühlt wieder nach Hause zu gehen und dort trockenes Brot und Scheibenkäse aus dem elterlichen Kühlschrank mit einem Genuss zu verschlingen, als säße man beim Edelitaliener?«
Ob ich mit zu Krümel komme, hatte mich damals eine Freundin gefragt. Und auch wenn ich nicht die geringste Ahnung hatte, wer Krümel war, verließ ich mit ihr die lahme Party, wir gingen ein Stück durchs Wohngebiet, stiegen über einen Zaun, durchquerten einen Garten, betraten die Waschbetonplatten einer Terrasse, und sie klopfte dort an den heruntergelassenen Rollladen, der sich daraufhin etwas hob, so dass Licht durch die Spalten herausschien. »Ich bin’s«, sagte meine Freundin, woraufhin der Rollladen zur Hälfte hochgezogen wurde und wir durch die Terrassentür ins Zimmer schlüpfen konnten.