Heft 894, November 2023

Lesekrisen

Ungleichheiten der Lesegesellschaft und die lesende Klasse von Carolin Amlinger
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Ungleichheiten der Lesegesellschaft und die lesende Klasse

In einem meiner Seminare stellte ich Studierenden die Frage, ob sie denn in ihrer Kindheit gerne gelesen hätten. Ich ging selbstverständlich davon aus, dass sie sie positiv beantworten würden. Aber überraschenderweise sprach die Mehrheit gar nicht erst von den Gefühlen, die sie selbst mit Büchern verbanden, sondern von denen ihrer Eltern – und die schienen überwiegend negativ zu sein. Statt von beglückenden Erinnerungen an den ersten Leserausch berichteten sie von der nervösen Angst der Erwachsenen, das Kind lese nicht genug. Folglich wurde mit positiven (für Bücher gab es immer Geld) und negativen (kein Fernsehen, keine Computerspiele, kein Internet, kein Handy) Sanktionen gearbeitet, um das Kind zu konzentrierter Lektüre anzuhalten.

Entscheidend war dabei nicht, was das Kind las, sondern dass es las. Die Eltern schrieben nicht den Inhalten positive soziale Effekte zu, sondern dem Buch als solchem. Das ist kein Wunder. Kaum eine andere Kulturtechnik ist so eng mit Bildungsaspirationen verbunden wie das Bücherlesen. Man kann die Sorge der Eltern darum durchaus verstehen. Werden soziale Aufstiege mühsamer und die sozialen Ungleichheiten an den gesellschaftlichen Rändern sichtbarer, versuchen Eltern, den sozialen Status ihrer Kinder zu bewahren, indem sie diese mit allen nötigen Ressourcen ausstatten. Allem voran eben mit Büchern, die dem Kinderzimmer eine Atmosphäre des gesicherten Mittelstands verleihen. Doch die Panik der elterlichen Leseförderung zeigt an, was sich nur die Kinder auszusprechen trauen:1 Das enge Band von Buch und sozialem Aufstieg hat sich gelockert. Bildungsinvestitionen setzen nicht mehr automatisch eine soziale Aufwärtsmobilität in Gang. Dass die Eltern glauben, die »gute« Freizeitbeschäftigung des Bücherlesens gegen die »schlechten« Verlockungen digitaler Angebote verteidigen zu müssen, ist offensichtlich die Reaktion auf den impliziten Befund einer Lesekrise. Aber existiert diese wirklich? Und wenn ja: Was hat diese Kulturkrise zu tun mit der individuellen Bearbeitung von Gesellschaftskrisen?

Leserschwund und Lese-Hype

Zwar werden »mediale Schwellenzeiten«,2 in denen technologische Innovationen unseren Umgang mit Informationen grundlegend verändern, oft von einer übertriebenen Katastrophenstimmung begleitet, aber in einem Punkt behält der kulturkritische Selbstzweifel der Gegenwart offenbar Recht: Immer weniger Menschen lesen Bücher. Laut den letzten Zahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels sinkt die Zahl der Buchkäuferinnen und Buchkäufer kontinuierlich. Im Jahr 2022 haben nur noch rund 25,8 Millionen Menschen mindestens ein Buch erworben. Das sind lediglich 39 Prozent der potentiellen Käuferschaft und rund 1,4 Millionen weniger Buchkäuferinnen und Buchkäufer als im Vorjahr. In den letzten zehn Jahren ist die Buchkäuferschaft um 11,1 Millionen Menschen geschrumpft.

Zugleich gibt es wieder mehr junge Menschen, die intensiv Bücher konsumieren. Durchschnittlich waren es fast zwölf gekaufte Bücher pro Person im letzten Jahr. Aber dies ändert nichts an der Tatsache, dass auch bei jungen Menschen die Verkäufe um 18 Prozent zurückgegangen sind.3 Zwar wird das Lesen laut einer Studie der Stiftung Lesen aus dem Jahr 2020 von 71 Prozent der Bevölkerung als besonders wichtige Kompetenz eingestuft, aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass Bücherlesen im Alltag regelmäßig praktiziert würde.4 Oder praktiziert werden kann. Vor kurzem riefen die Ergebnisse der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) wieder große Besorgnis hervor. Die Lesekompetenz der Viertklässler ist seit der letzten Erhebung offenbar noch schlechter geworden. Jedes vierte Kind scheitert an einfachen Texten.5 Ist unsere Gesellschaft gespalten in zwei polare Lager? Das der Lesenden und das der Nichtlesenden?

Ein Indiz scheint die Polarisierungsbehauptung zu bestätigen: Während auf der einen Seite das Desinteresse gegenüber dem Bücherlesen zunimmt, wächst auf der anderen Seite die obsessive Identifikation mit dem Buch als materiellem Objekt und Symbol. Die Literaturwissenschaftlerin Jessica Pressman nennt dieses Phänomen »Bookishness«.6 Sie geht davon aus, dass die besessene Beschäftigung mit dem Buch das Symptom einer digitalisierten Kultur ist, in der Nähe, Intimität und Authentizität neu verhandelt werden müssen. Das gedruckte Buch wird zu einem Fetischobjekt, auf das bedroht geglaubte Erfahrungen projiziert werden. Der Geruch des Papiers, das haptische Umblättern der Seiten – die gesamte schwere Materialität des Buches gilt als geglückte Resonanzbeziehung in einer digitalen Kultur der Unnahbarkeit.

Als ich mit meinen Studierenden die Filiale einer großen Buchhandlungskette besuchte, stießen wir neben Büchern auf Gimmicks wie Smartphone-Hüllen in Form eines Buches, mit Buchcovern bedruckte Kissen oder Tassen mit der Aufschrift »Booklover«. Den Studierenden ist diese Kultur vertraut. Einige von ihnen posten regelmäßig unter den Hashtags #bookstagram oder #BookTok Posts mit aufwendig geschmückten Leseecken, die mit dem gedämpften Licht von Lichterketten, weichen Kissen und bestenfalls einer Katze eine Atmosphäre der Behaglichkeit erzeugen, die dem gewachsenen Bedürfnis junger Milieus nach Entschleunigung entspricht. Seit ich mich durch die Posts gescrollt habe, wird mir in der personalisierten Werbung immer wieder eine »Bibliotherapy« empfohlen, bei der zur Steigerung des mentalen Wohlbefindens Praktiken des »mindful reading« eingeübt werden sollen. Das immersive Lesen, die enge Verbindung des Lesenden zum Text, soll eine meditative Entspannung erzeugen, die das unruhige, durch unsichere Zukunftsaussichten und reizüberflutete Mediennutzung geplagte seelische Innenleben beruhigt.7

Der Bedeutungsschwund des Buchs auf gesamtgesellschaftlicher Ebene geht offenbar einher mit einer Aufwertung des Buchs als symbolischem Objekt in leseaffinen Sozialmilieus. Das soziale Verlustgefühl wird kompensiert, indem das Bücherlesen zu einer individuellen Lebensform und Identität aufgewertet wird. Paradoxerweise ist es gerade die gesellschaftliche Entwertung der kulturellen Praxis des Lesens, die es als geeignete Quelle der Singularisierung auszeichnet.

Pierre Bourdieu hat in Die feinen Unterschiede (1987) beobachtet, dass Objekte oder Praktiken an Distinktionskraft verlieren, wenn sie von al-len praktiziert werden. In dem Moment etwa, als die Angehörigen der aufgestiegenen Mittel- und Unterklassen die Tennisplätze zu bevölkern begannen, um ihre kulturellen Aspirationen Wirklichkeit werden zu lassen, wanderte die Oberklasse ab zum Golfplatz. Was passiert aber, wenn ein kulturelles Objekt von vielen zunehmend nicht mehr beachtet wird? Und darüber hinaus: Was passiert, wenn es seine verheißungsvolle Wirkung einbüßt, als Instrument sozialer Mobilität zu fungieren? Gewinnt es dadurch die attraktive Sozialfunktion zurück, Differenzen zu erzeugen? Konkret formuliert: Wird aus dem Buch, dem wohl wirkungsvollsten Kulturobjekt sozialer Teilhabe, wieder ein exklusives Mittel sozialer Abgrenzung?

Die Lesegesellschaft und ihre Paradoxien der Gleichheit

Erklärungsbedürftig ist weniger, dass Lesen eine exklusive Kulturpraxis ist. Dies war es die längste Zeit seit der Entstehung der Schriftkultur.8 Ein historisches Novum war es hingegen, dass im 20. Jahrhundert das Bücherlesen zu einer klassenübergreifend praktizierten Freizeitbeschäftigung wurde. Die Demokratisierung des Lesens, die in der »Nacht der Proletarier« im 19. Jahrhundert ihren Anfang genommen hatte,9 basierte in den deutschen Nachkriegsjahrzehnten auf einer besonderen gesellschaftlichen Konstellation. In der DDR verwendete man zur Selbstbeschreibung gern das Bild des »Leselandes«; und tatsächlich wurde die Infrastruktur zur Leseförderung flächendeckend ausgebaut. Allerdings wurde Literatur als bedeutsame Sozialisationsinstanz nicht nur gefördert, sondern zugleich streng kontrolliert.10 Die Leserschaft in Ost- und Westdeutschland unterschied sich weniger in der Lesehäufigkeit, sondern eher in der inneren Einstellung zum Buch, wie eine kurz nach der Wende durchgeführte Studie der Stiftung Lesen erhob. Das Lesen war in den ostdeutschen Bundesländern positiver besetzt, insbesondere in bildungsfernen Bevölkerungsschichten.11

In der Bundesrepublik hatte das Buch ebenfalls einen hohen kulturellen Stellenwert. Es versinnbildlichte hier das Leistungsprinzip, nach dem der investierte Bildungsaufwand sich in eine soziale Position übersetzt. Die »organisierte Moderne« des kapitalistischen Nachbarlands, die auf dem Fundament des ökonomischen Wohlstands gründete, war bis in die 1970er Jahre auf den Zuwachs an rechtlicher und sozialer Gleichheit ausgerichtet.12 Ulrich Beck beschrieb 1986 in Risikogesellschaft die damalige soziale Mobilität mit der Metapher des »Fahrstuhleffekts«. Für alle ging es aufwärts, obgleich die Abstände zwischen den Klassen keineswegs nivelliert wurden. Der gestiegene materielle Wohlstand, kombiniert mit dem Zuwachs an sozialen Rechten, führte in den Unterklassen zu neuen Bedürfnissen, die neben Auto, Urlaub, Eigenheim auch die Kultur beinhalteten, die zuvor den Ober- und Mittelklassen vorbehalten war.

Auf der Grundlage von wirtschaftlicher Prosperität, Lohnsteigerungen, steigendem Lebensstandard und Bildungsexpansion bildete sich in der Bundesrepublik eine Lesegesellschaft aus, in der schriftliche Erzeugnisse die sozialen Partizipationschancen aller (oder so gut wie aller) Gesellschaftsmitglieder erhöhen sollten. Die individuelle Buchlektüre symbolisierte die gesamtgesellschaftliche Aufstiegsmobilität. Voraussetzung für einen intensivierten Freizeitkonsum von Büchern war neben dem materiellen Wohlstand (man konnte sich Bücher als Besitz leisten) die durch Verkürzung der Arbeitszeiten hervorgerufene Zunahme an freier Zeit. Mit der Steigerung der Lebenserwartung wurde die Rente außerdem ein aktiv genutzter Lebensabschnitt, in dem das Bücherlesen eine sinnstiftende Alltagsbeschäftigung versprach.13 Daran änderte auch der Aufschwung der Massenmedien Fernsehen und Radio, die große Teile des Kulturkonsums erstmals frei zugänglich machten und in den privaten Raum verlegten, zunächst nur wenig.

Die im Entstehen begriffene empirische Leseforschung versuchte in den 1960er Jahren erstmals, das Gesamtbild der Lesegesellschaft zu erheben –übrigens ein Anzeichen dafür, dass dem Lesen eine gesellschaftspolitische Steuerungsfunktion zugeschrieben wurde.14 Eine Erhebung des Börsenvereins von 1968 ergab, dass 68 Prozent der Bevölkerung Bücher lasen. Die »Wenigleser«, die jährlich nur ein Buch lasen, bildeten mit lediglich 7 Prozent einen geringen Anteil, ebenso übrigens die 10 Prozent der »Vielleser« mit mehr als dreißig Titeln. Das durchschnittliche jährliche Lesevolumen lag bei acht Büchern.15 Aus heutiger Sicht ist besonders hervorzuheben, dass eine partielle Angleichung zwischen den Geschlechtern und zwischen den Klassen zu beobachten war: Männer und Frauen lasen in etwa gleich viel, und das Bücherlesen hatte sich zu einem regelmäßigen Freizeitverhalten bildungsferner Klassen entwickelt.

Der Ausbau der Lesegesellschaft ging buchmarktökonomisch einher mit dem expansiven Wachstum der Titelproduktion, der Senkung der Ladenpreise und der Etablierung neuer erschwinglicher Formate wie dem Taschenbuch. Der Buchkonsum wurde zudem von staatlicher Seite unterstützt, durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Buchwaren oder die Buchpreisbindung. Parallel wird das Lesen, mit dem für gewöhnlich eine solitäre Aktivität assoziiert wird, als das sichtbar, was es immer schon ist: eine soziale Handlung. Davon zeugen eine wachsende öffentliche Leseförderung, ein enges Netz an Buchhandlungen und Bibliotheken, zahlreiche Literaturpreise, die gelesene Literatur mit Reputation ausstatten, eine Literaturkritik, die verlässliche Urteilssysteme an die Leserschaft kommuniziert, die Institutionalisierung von Literaturveranstaltungen, privat organisierte Lesekreise und anderes.

Die bundesrepublikanische Lesegesellschaft beruhte darüber hinaus auf der Tatsache, dass die Literalität soziale Teilhabe ermöglichte. Neben der basalen Lesekompetenz, ohne die Beruf und Alltag nur mit Hindernissen bewältigt werden können, waren (zumindest im Fall der Hochschulbildung) Berufsprestige und die Fähigkeit zu ausgedehnten Lektüren verkoppelt. Als Unterhaltungsformat war das Lesen von Büchern darüber hinaus eine gern ausgeübte Freizeitbeschäftigung. Und zwar in allen Bevölkerungsschichten, die spezifische Lesevorlieben und -gewohnheiten ausbildeten. Wie viel und was man liest, war in der »Gesellschaft der Gleichen« (Rosanvallon) gleichzeitig Maßstab für den sozialen Status.

Dies führt uns zu den Paradoxien, die der normative Maßstab der Gleichheit mit sich brachte. Lesen ist ein Mittel der sozialen Angleichung, das systematisch Differenzen erzeugt. Die partielle Nivellierung von Statushierarchien beseitigte eben nicht reale Ungleichheiten. Gerade der egalitäre Anspruch, dass keinem der Zugang zur Literatur verwehrt sein sollte, lässt die persistente Existenz von Ungleichheiten als gerechtfertigt erscheinen. Darüber hinaus sensibilisiert die wachsende Gleichheit für Minimalunterschiede, wie Alexis de Tocqueville schon Mitte des 19. Jahrhunderts auf seiner Amerikareise beobachtete. Verschwinden die großen Unterschiede im Leseverhalten – ob nämlich im Alltag überhaupt zum Buch gegriffen wird –, dann treten die kleinen umso deutlicher hervor: was gelesen wird (anspruchsvolle, erbauende oder spannungsgeladene Literatur etwa) und wie gelesen wird (Dauer, Intensität, Frequenz). In den Nachkriegsjahrzehnten entstand in akademischen Institutionen das Regulativ des »good reader«, der sich die textuellen Tiefenstrukturen in einer dichten Lektüre erschließt, in Abgrenzung von »bad readers«, die sich leidenschaftlich mit dem Gelesenen identifizieren und von ihm berauschen lassen – wobei letztere zweifelsohne in der Mehrheit waren, so die Literaturwissenschaftlerin Merve Emre.16

Es gibt nur wenige empirische Untersuchungen über klassen- oder milieuspezifische literarische Rezeptionsgewohnheiten.17 Das ist eigentlich verwunderlich, da Büchern doch bis heute eine zentrale Bedeutung für die gesellschaftliche Kohäsion und Teilhabe zugesprochen wird. Insbesondere die Literaturwissenschaften reproduzierten teilweise eher Lesehierarchien, statt diese zum Forschungsobjekt zu machen. Sie interessierten sich lange nur wenig dafür, was tatsächlich von vielen gelesen wird.18 Als einer der wenigen hat der Literaturwissenschaftler Jost Schneider für die 1990er Jahre unterschiedliche Lesemilieus identifiziert, anhand derer man noch die Konturen der alten Lesegesellschaft erkennen, gleichzeitig aber bereits die Emergenz neuer Leseklassen ablesen kann, die in unserer Gegenwart dominanter werden.19

Die Lesegesellschaft der 1990er Jahre war geprägt durch ein Nebeneinander von alten und neuen Geschmackspräferenzen, von einer sozialistisch und demokratisch geprägten Lesesozialisation. Vor diesem Hintergrund lässt sich das Bild einer Lesegesellschaft erkennen, die zugleich beweglich und starr erscheint. Auf der einen Seite bestehen Lesemilieus der alten Klassengesellschaft in modernisierter Gestalt fort. Dazu gehörte das kleinbürgerliche Milieu, das am Vertrauten und Soliden orientiert war und Bücher nicht in der Sortimentsbuchhandlung kaufte, sondern im Supermarkt oder in Buchclubs, wo statt dem Experimentellen das Bekannte zu finden war und ist. Die meistgenannten Lieblingsautoren waren Heinz G. Konsalik und Johannes Mario Simmel – der ästhetische Normalismus wurde über internationale Bestseller kosmopolitisch. Wobei nur noch selten gelesen und mehr ferngeschaut wurde. Die Geschmackspräferenzen änderten sich wenig, wohingegen die praktische Nutzung drastisch abnahm.

Kontinuitäten im Buchgeschmack zeigen sich auch in Bezug auf das konservativ-gehobene Lesemilieu, das angesichts der rasanten Modernisierung an traditionalistischen Lektürepräferenzen festhielt. Man ging in die alteingesessene Buchhandlung vor Ort, konsumierte gern bibliophile Schmuck- oder Gesamtausgaben. Man las nicht gemütlich, das galt als kleinbürgerlich, sondern konzentriert, in der Erwartung, gebildet zu werden. Lieblingsautoren (wieder nur Männer) waren hier Stefan Zweig, Thomas Mann und Hermann Hesse, also der etablierte Kanon. »Literatur« war für die Angehörigen dieses ebenfalls schrumpfenden Lesemilieus ein wertender Kampfbegriff, der gegen den kulturellen Wandel in Stellung gebracht wurde. Der »Ekel vor dem ›Leichten‹« (Bourdieu) war für sie nach wie vor identitätsstiftend. Obwohl sie ebenfalls mehr fernsahen als lasen.

Gleichzeitig zeigen sich gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts neue Entwicklungslinien. Das Lesemilieu der »neuen Arbeitnehmerschaft« lehnte Konformitätsansprüche zugunsten einer freien und flexibel ausgelegten literarischen Geschmacksbildung ab. Die Lektürepräferenzen waren grenzüberschreitend, neben Klassikern (E. T. A. Hoffmann) wurden Kriminalromane (Jacques Berndorf) verschlungen. Es bestanden allerdings genderspezifische Lektürevorlieben fort, Frauen lasen gern emanzipatorische Liebesromane (Doris Dörrie, Hera Lind), Männer experimentelle Science-Fiction (Stanislaw Lem).20 Der Buchgeschmack richtete sich am Primat des »Gernelesens« aus,21 gegen das die oberen Lesemilieus offene Ressentiments hegten: gegen die identifikatorische Faszination, die eskapistische Versenkung und das berauschte Mitfiebern.

Betrachtet man das größte Lesemilieu der 1990er Jahre, die aufstrebende Mittelschicht, waren hier die Vielleser zu finden. Die Aufstiegsorientierung übersetzte sich in die Buchlektüre. Erstaunlicherweise verlor der Kanon der oberen Lesemilieus hier seine bindende Kraft, stattdessen konsultierte man neue Genres, die den eigenen Aufstiegsaspirationen besser entsprachen. Ein leistungsorientiertes Arbeitsethos schlug sich in den literarischen Geschmackspräferenzen nieder. Nicht nur fehlte die Energie zur konzentrierten Lektüre nach einem langen Arbeitstag, man wollte sich überdies anders weiterbilden, nämlich unterhaltend.

Häufig wurden populäre Sachbücher gelesen, die aktuelle Ereignisse (Politikskandale, Kriege, Umweltkatastrophen) für ein größeres Publikum aufarbeiten, oder Ratgeberliteratur, mit deren Hilfe die Eigenarten der antizipierten Sozialposition eingeübt werden. Bemerkenswert ist, dass Belletristik eher wenig Beachtung fand. In den leistungsorientierten Milieus hatte sie ihr vormaliges Prestige in der Statuskommunikation offenbar eingebüßt. »Culture talks«, die nicht zuletzt am Arbeitsplatz Nähe unter Fremden stiften, waren für Aufsteiger zwar nach wie vor wichtig; allerdings orientierten sie sich stärker an gesellschaftspolitischem als kulturellem Wissen.22

Die lesende Klasse

Heute zeigt sich ein anderes Bild. Bücher werden von immer weniger Menschen viel und von immer mehr Menschen nicht mehr gelesen. In der »Abstiegsgesellschaft« (Nachtwey) ist der soziale Status an den flexiblen Einsatz individueller Ressourcen rückgebunden, sind soziale Rechte an individuelle Leistungen und Bedingungen geknüpft. Man kann sich nicht mehr auf Zugehörigkeiten berufen, alle werden in Rangfolgen der Wertigkeit gestellt, die vordergründig allein der Leistung gehorchen. Doch dahinter verbirgt sich, wie die Soziologin Marion Fourcade ausführt, ein Machtprozess, der alte Ungleichheiten verstärkt und neue produziert.23 Zwar haben alle formell die gleichen Chancen, aber die monetären oder kulturellen Ressourcen bleiben ungleich verteilt. Parallel sind mit dem technologischen Fortschritt neue Lesetechniken zu beobachten. Neben das materielle Buch treten der E-Reader oder das Smartphone, neben die unimodale Buchlektüre multimodale digitale Lektürepraktiken.24 Die mit der Digitalisierung gewachsene Medienkonkurrenz (Lesen oder Streamen) vergrößert die soziale Segregation des Lesens. In diesen sozialen Machtprozessen und technologischen Umbrüchen produziert das Lesen neue soziale Grenzziehungen zwischen jenen, die (Bücher) lesen, und jenen, die sie theoretisch lesen könnten, dies aber nicht tun.

Die Soziologin Wendy Griswold spricht von einer »reading class«,25 die soziale Macht innehabe über ihre aktive Bürgerbeteiligung. Lesende üben eher als Nichtlesende karitative Tätigkeiten aus, sie partizipieren stärker am öffentlichen Leben und gestalten dieses mit. Nach Griswolds Beobachtung bleibt die Leseklasse in westlichen Gesellschaften relativ stabil, während die Lesegesellschaft schrumpft. Allerdings lassen sich in der Gegenwart widersprüchliche Entwicklungen beobachten. Auf der einen Seite haben sich Lesepraktiken und -vorlieben stark ausdifferenziert. Mitentscheidend für die »popkulturelle Dehierarchisierung« von Lesepräferenzen ist das digitale Lesen,26 auf das bis heute kulturelle Ängste projiziert werden. Was als je legitime und wertvolle Lektüre gilt, geht heute auch auf der Ebene des Individuums durcheinander.27 Eine Studentin berichtete mir beispielsweise, dass sie ebenso gern hermetische, schwer verständliche Prosa lese wie schnulzige Liebesromane. Beide Lektürepraktiken folgen unterschiedlichen Bedürfnisordnungen mit je eigenen Wertigkeiten, beide sind an unterschiedliche Trägermedien gebunden: hier das materielle Buch, dort das E-Book.28 Unterschiede in der Bewertung der (analogen) Lektüreanstrengung und der (digitalen) Leselust machte sie nicht. Aufgrund der heterogenen Kontexte unserer Lesesozialisation lesen wir ganz verschiedene Bücher; und wir lesen diese auch auf unterschiedliche Art. Allerdings geht auf der anderen Seite die intraindividuelle Lesevariation nicht mit einer interindividuellen Angleichung der Lesemilieus einher. »Es findet eine »Veralltäglichung und zugleich Ausdünnung des Lesens statt«,29 schreibt Andreas Reckwitz.

In einer vom deutschen Börsenverein in Auftrag gegebenen Milieustudie aus dem Jahr 2015 waren die Entwicklungen, die heute manifest werden, bereits angelegt.30 Das »sozialökologische« Lesemilieu etwa, dessen Angehörige über einen mittleren bis hohen Bildungsgrad und ein individualistisches Selbstbild verfügen, galt als besonders leseaffin. Man zeigte sich in der Wahl der Lektüre weltoffen mit Präferenz für das Voraussetzungsreiche. Für die eigene Leseidentität war es entscheidend, die eigenen wie die Positionen anderer zu hinterfragen. Inwiefern der Anspruch, kritisch zu lesen, soziale Differenzen bestätigen kann, untersucht die neuere Ungleichheitsforschung. Die US-amerikanische Sozialforscherin Elizabeth Currid-Halkett hat die These aufgestellt, dass »unauffälliger Geltungskonsum« eine neue Klassenteilung nach sich ziehe.31 Auf der Grundlage von Wissen gehe es den aufstrebenden Klassen darum, richtige Entscheidungen zu treffen. Die Bildung von Geschmacksnetzwerken um kulturelles Wissen (welche Bücher und Zeitungsartikel man gelesen, welche Podcasts man gehört haben muss) ist hier deshalb wieder zum wichtigen Interaktionsmodus geworden.

Ohne das elitäre Selbstbild abzulegen, zu wissen, was gut und angesagt ist, folgt man dabei dem Imperativ, offen und tolerant gegenüber anderen Lesevorlieben zu sein. Andere Studien in unterschiedlichen westlichen Ländern kommen zu ähnlichen Befunden. Gerade weil man fürchten muss, als »Snob« wahrgenommen zu werden, bemüht man sich in der sozialen Kommunikation, Geschmacksunterschiede herunterzuspielen.32 Durch den egalitären Geltungsanspruch vieler Legitimitätsordnungen kommt es zu einer »Umkehr der Beweislast«:33 Nicht länger die Orientierung am Populären gilt als rechtfertigungsbedürftig, sondern eher die Bindung an hochkulturelle Artefakte. Dadurch transformieren sich die symbolischen Praktiken sozialer Grenzziehung. Man tut alles, um nicht als elitär wahrgenommen zu werden. Statt der ästhetischen hebt man die eigene moralische Überlegenheit durch offene und tolerante Geschmacksurteile hervor.

Ist es überhaupt noch entscheidend für die soziale Grenzziehung, was wir lesen? Die umstrittene Omnivore-Hypothese ging in den 1990er Jahren davon aus, dass sich elitärer Geschmack durch ein großes Repertoire an genreübergreifenden Kulturinhalten auszeichne.34 Selbst das »hedonistische« Lesemilieu in aufstrebenden Soziallagen konnte zu jener Zeit nicht mehr durch distinkte Gattungspräferenzen identifiziert werden, sondern einzig durch einen besonderen Lesestil, der grenzüberschreitend alle Inhalte konsumierte, die eine intensive ästhetische Erfahrung oder starke emotionale Beteiligung versprachen.

Die Grenzen als solche verschwinden dabei allerdings nicht. Während aufstrebende Klassen heute auf der Ebene von ästhetischen Genres inklusiver und offener konsumieren, verschärft sich die Unterscheidung um »richtige« Objekte innerhalb dieser Genres.35 Die eben erwähnte Studentin konsumiert zwar genreübergreifend Literatur, aber sie weiß genau, welche Werke im Rahmen der genrespezifischen Legitimitätsordnungen gut oder schlecht bewertet werden. Colleen Hoover galt im Genre »Romance« als rezipierbar, Nora Roberts hingegen nicht. Genreinterne Unterscheidungspraktiken beschränken sich keineswegs auf populäre Genres. Als »Midcult« bezeichnet der Literaturwissenschaftler Moritz Baßler literarische Texte, die so tun, als wären sie anspruchsvolle Literatur, ohne es zu sein.36 Auch auf Seiten der Experten kommt es zu neuen Binnendifferenzierungen, um an einem vertikalen Wertesystem festhalten zu können. Eine symbolische Lektürepräferenz, die unmittelbar an ästhetische Objekte rückgebunden ist, zeigt sich in einer Hinwendung zum retrotopischen Lokalismus. Ebenso wie die Kultur von Eliten heute stärker um Gewöhnlichkeit und Authentizität bemüht ist, lesen und fördern aufstrebende Klassen regionale Literatur, die gegenüber digitalen und globalen Literaturphänomenen als identitätsstiftend wahrgenommen wird.37 Die Grenzen werden also subtiler, aber abgebaut werden sie nicht.

Parallel wird es für die eigene Leseidentität entscheidender, wie wir lesen. Dass immer mehr Menschen die gleichen Kulturobjekte mögen (fast alle etwa gerne Kriminalromane lesen), bedeutet nicht zwangsläufig eine Angleichung im Literaturgeschmack. Gerade wenn das gleiche Buch gelesen wird, kann die Art und Weise, wie wir dieses Buch lesen, symbolische Grenzen sogar noch besser unterstreichen. Neuere sozialwissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Rezeption von Kulturobjekten zwar inklusiver wird (alle gehen ins Museum), dass aber die Beweggründe (warum wir ins Museum gehen) und Modi dieser Rezeption (wie wir uns ein Ge-mälde anschauen) in den Geschmacksklassen stabil geblieben sind.38 In einem Seminar diskutierten die Studierenden kontrovers über binge reading, das exzessiv-beschleunigten Lesen eines Buches (idealerweise in einer Nacht), versus deep reading, das aufmerksam-kontemplative Lesen, wie sie es im Studium der Literaturwissenschaften gelernt haben. Wie ein Buch gelesen werden sollte, hat sich zwar nicht vollumfänglich vom Inhalt gelöst, aber die vertikale Hierarchisierung wird nicht daraus begründet. Es ging in der Diskussion eher darum, dass einige Praktiken zum tiefen Verstehen eines Textes als geeigneter wahrgenommen wurden als andere.

An die Art und Weise des Lesens ist ein weiterer Aspekt geknüpft, der soziale Unterschiede sichtbar macht: Die Zeit, die man für eine Buchlektüre zu investieren bereit ist; die wiederum abhängig ist von der frei verfügbaren Zeit. Der Überfülle des kulturellen Angebots steht eine gewachsene Zeitknappheit gegenüber. Private Ausgaben für Dienstleistungen, die Menschen mehr freie Zeit verschaffen (durch Kinderbetreuung oder Hilfe im Haushalt), konstituieren in diesem Sinn kulturelle Klassengrenzen. In den sozialen Medien kommunizierte Leselisten sind nicht nur in der qualitativen Auswahl der Titel ein probates soziales Klassifikationsmittel, sondern ebenso in der schieren Quantität der angeführten Bücher.

Dies führt zu einem letzten Aspekt, der an den Modus des Lesens geknüpft ist: die Tiefe und Intensität des Literaturkonsums. Neben der Anzahl gelesener Bücher wird die enthusiastische Rezeption hervorgehoben, ein Engagement für Literatur, das den Konsumentenstatus überschreitet.39 Man liest nicht nur Literatur, sondern versteht sich als Teil einer literarischen Gemeinschaft. Geselligkeit wird, wie im Bürgertum des 18. Jahrhunderts, durch gemeinsames Lesen gestiftet.40 Indem man beispielsweise Lesegruppen in der eigenen Wohnung organisiert. Die leseaffinen Sozialmilieus sind durch interne Unterscheidungen geprägt, die sich entlang der Pole Aktivität und Passivität organisieren.

In den bislang beschriebenen Modi distinkten Lesens treten soziale Klassenunterschiede stärker hervor, die in der bundesrepublikanischen Lesegesellschaft partiell nivelliert waren. Parallel bestehen alte Differenzen fort oder verstärken sich. Während Frauen und Männer in den ausgehenden 1960er Jahren in etwa gleich viel lasen, verstärken sich in der Gegenwart die Geschlechterunterschiede auf den Ebenen der Lesehäufigkeit (Frauen lesen mehr) und in den Lesemotiven (Erbauung vs. Action) vor allem in den unteren Soziallagen.41 Außerdem hinterfragen die Lesenden die dominanten Lektürepräferenzen heute stärker und nehmen sie als das wahr, was sie schon immer waren: als »white literary taste«.42 Die Sensibilisierung für Diversität und Inklusion lässt persistente ethnische Ungleichheiten in der Lesesozialisation sichtbar werden. Zuletzt wirken wiederkehrende altersbezogene Dynamiken fort. Jüngere, die sich in einer ökonomisch untergeordneten Position gegenüber älteren Menschen befinden, demonstrieren ihre »kulturelle Überlegenheit« durch die Beherrschung von digitalen Lesetechniken, eine reflexive moralische Urteilsfähigkeit gegenüber dem Gelesenen und einen ausdifferenzierten Wissensbestand.43

Die Lesegesellschaften der Gegenwart unterscheiden sich zwar länderspezifisch, aber in westlichen Gesellschaften sind sie von einem Nebeneinander widersprüchlicher Entwicklungen geprägt. Lesen ist einerseits demokratisiert, andererseits verstärken sich bestehende Ungleichheiten und entwickeln sich andere neu, die Lesende von Nichtlesenden trennen. Die Tatsache, dass Lesekrisen in der Geschichte der Schriftkultur wiederkehrend sind, verweist auf die Ambivalenz dieser Kulturtechnik.44 Lesen ist eine solitäre Handlung und gleichzeitig eine soziale Einübung. Es formt Singularität, indem es Selbstbefragung, kognitive Reflexion und emotionales Erleben intensiviert, und dient der individuellen Verständigung mit gesellschaftlichen Angelegenheiten. Es wirkt emanzipatorisch und kann darum Objekt staatlicher Reglementierung werden, indem, wie etwa in den USA, Bücher an Schulen oder in öffentlichen Bibliotheken verboten werden. Und nicht zuletzt fördert Lesen soziale Partizipation und schärft darum das Bewusstsein für Klassendifferenzen.

Anmerkungen

1

Rolf Becker /Sandra Gilgen /Elmar Anhalt, Bildungsvorstellungen im sozialen Wandel – eine Kohortenanalyse für die Bundesrepublik Deutschland in der Zeit von 1958 bis 2018. In: Zeitschrift für Soziologie, Nr. 51/1, 2022.

2

Axel Kuhn, Das Ende des Lesens? Zur Einordnung medialer Diskurse über die schwindende Bedeutung des Lesens in einer sich ausdifferenzierenden Medienlandschaft. In: Sandra Rühr /Axel Kuhn (Hrsg.), Sinn und Unsinn des Lesens. Gegenstände, Darstellungen und Argumente aus Geschichte und Gegenwart. Göttingen: V&R 2013.

3

Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Wie geht es dem Buchmarkt 2022/2023? Aktuelle Zahlen und Trends. Frankfurt am Main, 5. Juli 2023 (www.boersenverein.de/fileadmin/bundesverband/dokumente/presse/digitale_pressemappen/WIPK/WIPK_2023_Praesentation.pdf).

4

Stiftung Lesen /AlphaDekade, Lesen im digitalen Wandel. März 2021.

5

Nele McElvany u.a. (Hrsg.), IGLU 2021. Lesekompetenz von Grundschulkindern im internationalen Vergleich und im Trend über 20 Jahre. Münster: Waxmann 2023.

6

Jessica Pressman, Bookishness. Loving Books in a Digital Age. New York: Columbia University Press 2020.

7

Vgl. Julika Griem, Szenen des Lesens. Schauplätze einer gesellschaftlichen Selbstverständigung. Bielefeld: transcript 2021.

8

Ute Schneider, Facettenreich und unverzichtbar. Die multiplen Leistungen und Funktionen der Kulturtechnik Lesen. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Nr. 69/12 vom 15. März 2019.

9

Jacques Rancière, Die Nacht der Proletarier [1981]. Aus dem Französischen von Brita Pohl. Wien: Turia + Kant 2013.

10

Dietrich Löffler, Buch und Lesen in der DDR. Ein literatursoziologischer Rückblick. Berlin: Ch. Links 2011.

11

Stiftung Lesen, Leseverhalten in Deutschland 1992/93. Repräsentativstudie zum Lese- und Medienverhalten der erwachsenen Bevölkerung im vereinigten Deutschland. Zusammenfassung der Ergebnisse, Mainz 1993.

12

Peter Wagner, Soziologie der Moderne. Frankfurt: Campus 1995.

13

Klaus Berg /Marie-Luise Kiefer (Hrsg.), Massenkommunikation V. Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung 1964–1995. Baden-Baden: Nomos 1997.

14

Vgl. Adrian Johns, The Science of Reading. Information, Media, and Mind in Modern America. University of Chicago Press 2023.

15

Gerhard Schmidtchen, Lesekultur in Deutschland. Ergebnisse repräsentativer Buchmarktstudien für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 70, 1968.

16

Merve Emre, Paraliterary. The Making of Bad Readers in Postwar America. University of Chicago Press 2017.

17

Zur empirischen Leseforschung vgl. Heinz Bonfadelli, Entstehung und Entwicklung der modernen Lese- und Leserforschung im 20. Jahrhundert. In: Ursula Rautenberg /Ute Schneider (Hrsg.), Lesen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Berlin: de Gruyter 2015.

18

Eine der Ausnahmen war Rudolf Schenda, Die Lesestoffe der Kleinen Leute. Studien zur populären Literatur im 19. und 20. Jahrhundert. München: Beck 1976. Zum gestiegenen Interesse an populären Lesestoffen heute vgl. Carlos Spoerhase /Steffen Martus (Hrsg.), Gelesene Literatur. Populäre Lektüre im Zeichen des Medienwandels. München: edition text + kritik 2018.

19

Die folgenden Lesemilieus beruhen auf Jost Schneider, Sozialgeschichte des Lesens. Zur historischen Entwicklung und sozialen Differenzierung der literarischen Kommunikation in Deutschland. Berlin: de Gruyter 2004.

20

Vgl. weiterführend Janice A. Radway, Reading the Romance. Women, Patriarchy, and Popular Literature. Chapel Hill: University of North Carolina Press 1991.

21

Johannes Franzen, Gernelesen. Plädoyer für einen Abbau von Distanz. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft, Nr. LXV, 2021.

22

Vgl. Bonnie H. Erickson, Culture, Class, and Connections. In: American Journal of Sociology, Nr. 102/1, Juli 1996.

23

Marion Fourcade, Zählen, benennen, ordnen. Eine Soziologie des Unterscheidens. Hamburger Edition 2022.

24

Vgl. Andrew Piper, Book Was There. Reading in Electronic Times. University of Chicago Press 2012.

25

Wendy Griswold, Regionalism and the Reading Class. University of Chicago Press 2008.

26

Gerhard Lauer, Lesen im digitalen Zeitalter. Darmstadt: wbg 2020.

27

Vgl. Bernard Lahire, Das Individuum und die Vermischung der Genres. Kulturelle Dissonanzen und Selbst-Distinktion. In: Berliner Journal für Soziologie, Nr. 21/1, April 2011.

28

Vgl. James F. English, Prestige, Pleasure, and the Data of Cultural Preference. »Quality Signals« in the Age of Superabundance. In: Western Humanities Review, Nr. 70/3, Herbst 2016.

29

Andreas Reckwitz, Kleine Genealogie des Lesens. In: Katharina Raabe /Frank Wegner (Hrsg.), Warum Lesen. Mindestens 24 Gründe. Berlin: Suhrkamp 2020.

30

Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Buchkäufer und -leser 2015. Profile, Motive, Einstellungen. Frankfurt, 14. Oktober 2015.

31

Elizabeth Currid-Halkett, Fair gehandelt? Wie unser Konsumverhalten die Gesellschaft spaltet. Aus dem Englischen von Judith Wenk. München: btb 2021.

32

Vegard Jarness /Sam Friedman, »I’m not a snob, but …«: Class boundaries and the downplaying of difference. In: Poetics, Nr. 61, April 2017.

33

Jörg Döring u.a., Was bei vielen Beachtung findet: Zu den Transformationen des Populären. In: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift, Nr. 6/2, 2021.

34

Richard A. Peterson /Roger M. Kern, Changing Highbrow Taste. From Snob to Omnivore. In: American Sociological Review, Nr. 61/5, Oktober 1996.

35

Clayton Childress u.a., Genres, Objects, and the Contemporary Expression of Higher-Status Tastes. In: Sociological Science vom 14. Juli 2021.

36

Moritz Baßler, Populärer Realismus. Vom International Style gegenwärtigen Erzählens. München: Beck 2022.

37

Sam Friedman /Aaron Reeves, From Aristocratic to Ordinary: Shifting Modes of Elite Distinction. In: American Sociological Review, Nr. 85/2, April 2020.

38

Vegard Jarness, Modes of consumption: From »what« to »how« in cultural stratification research. In: Poetics, Nr. 53, Dezember 2015.

39

Vgl. Dave O’Brien /Lisa Ianni, New forms of distinction: How contemporary cultural elites understand »good« taste. In: Sociological Review, Nr. 71/1, 2023.

40

Vgl. Erich Schön, Der Verlust der Sinnlichkeit oder Die Verwandlungen des Lesers. Mentalitätswandel um 1800. Stuttgart: Klett-Cotta 1987.

41

Vgl. Will Atkinson, The Structure of Literary Taste: Class, Gender and Reading in the UK. In: Cultural Sociology, Nr. 10/2, 2016.

42

Alexandra Dane, White Literary Taste Production in Contemporary Book Culture. Cambridge University Press 2023.

43

Annick Prieur /Mike Savage /Magne Paalgard Flemmen, Distinctions in the making: A theoretical discussion of youth and cultural capital. In: British Journal of Sociology, Nr. 74/3, Juni 2023.

44

Vgl. Leah Price, What We Talk About When We Talk About Books. The History and Future of Reading. New York: Basic Books 2019.

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