Andreas Dorschel im Merkur

10 Artikel von Andreas Dorschel

Gesinnung

Auf der Glastür eines Universitätsgebäudes klebt ein Plakat. Es fordert mich auf, die Basisgruppe Lehramt eines großen geisteswissenschaftlichen Faches ins Studentenparlament, oder Studierendenparlament, zu wählen, »denn wir sind« – jedes der folgenden Worte nimmt eine ganze Zeile ein – »* antirassistisch |* antifaschistisch |* antiableistisch |* antisexistisch |* (queer-)feministisch |* antiheteronormativ |* klimagerecht |* kapitalismuskritisch |* emanzipatorisch«. Neben den Worten sehe ich

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Die Welt verändern

Etwas ändern heißt, ein Ding von einem ersten Zustand in einen zweiten bringen, der sich vom ersten unterscheidet. Das rohe Fleisch wird gekocht, der schmutzige Fußboden gesäubert, das zerzauste Haar gekämmt. Ist der Sinn von Ändern bei Fleisch, Fußböden, Haaren trivial, so gilt dies entschieden nicht für ein Ding, von dem kaum auch nur feststeht, dass es ein Ding ist: die Welt. Dass Weltveränderung einer weitverbreiteten Intuition entspricht, ist offenkundig; derartige Eingebungen systematisch in Zweifel zu

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Melodien

I Auch die Kunstwissenschaften haben ihre Obduzenten; eine der Leichen, über die sie sich seit längerem immer wieder einmal beugen, war und ist die Kunst der Melodie. Vor einem halben Jahrhundert eröffneten Lars Ulrich Abraham und Carl Dahlhaus ihre Melodielehre mit dem Satz: »Eine Melodielehre, die 1972, in der Epoche der Klangkomposition und der elektronischen und aleatorischen Musik, erscheint, kann keine Unterweisung in der Komposition von Melodien sein (es sei denn im Bereich der Schlagerproduktion),

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