Michaela Maria Müller im Merkur

4 Artikel von Michaela Maria Müller

Die Lager Schlesiens – Topografien

Der erste Bahnhof, an dem der Zug hinter der deutsch-polnischen Grenze Station macht, ist Rzepin. Fahrgäste aus Berlin steigen um und warten am Bahnsteig auf den Schnellzug nach Oppeln. Der Bahnhof hat erst seit wenigen Jahren ein Containerterminal, heute gut bestückt und beladen mit Waren aus China, die immer häufiger über die Schiene nach Europa transportiert werden. Ich verfolge mit dem Smartphone unseren Weg und sehe, wie sich der blaue Punkt weiter Richtung Osten bewegt. Wir fahren an der Oder entlang

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Trennlinien – die Bildungsklassen­gesellschaft der achtziger Jahre

Die Schwestern verließen die Stadt 1981, im Jahr meiner Einschulung. Über hundert Jahre hatten sie Mädchen aus der Gegend unterrichtet. In Bayern galt ab 1802 die Schulpflicht. Die Klassenstärke von etwa siebzig Schülerinnen und Schülern war beachtlich, die pädagogischen Fähigkeiten der Schwestern und ausgedienter oder invalider Militärs waren aus heutiger Sicht sicherlich begrenzt. Nach sechs, später sieben Jahren war es außerdem verpflichtend, im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst noch für drei Jahre die

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Von der Hegemonie des Hochdeutschen, Sprachvarietäten und Klasse

Dialekte gab es immer, aber erst in der jüngeren Sprachgeschichte, seit Ende des 19. Jahrhunderts, begann man im deutschsprachigen Raum mit ihrer Bewertung. Es verbreitete sich der Glaube, in Norddeutschland, besonders um die Gegend von Hannover, werde das »bessere« Deutsch, das Hochdeutsche, gesprochen. Die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner zum Beispiel schrieb in ihren Erinnerungen: »Was mir an den Norddeutschen besonders wohlgefiel, war die Sprache […], weil sie mir, im Vergleich mit

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