Während ich auf Zuschrift oder zumindest Zuspruch warte, denke ich über Nachrufe nach.
Nicht, dass ich viele zu lesen bekäme: Aus rein praktischen Gründen gehen die derzeitigen
Toten allesamt an mir vorbei. Ich hab mir nämlich eine Nachrichtensperre verordnet;
hier rein, da raus funktioniert bei mir nicht mehr.
Die Therapeutin in der Klinik meinte, ich müsse aufhören zu katastrophisieren.
»Ach«, erwiderte ich eingeschnappt – auf meinem Stuhl im Kreis der Gruppentherapie
sitzend – »Sie denken also, ich denk mir das alles nur aus?«
Tatsächlich flog in dem Moment ein Rettungshubschrauber den Landeplatz auf dem Klinikdach
an, und die Praktikantin schloss rasch das Fenster.
»Nein, aber Sie sollen bitte feststellen, dass Sie zumindest in Sicherheit sind.«
Genau wie die Person im Hubschrauber. Wer weiß, wer da noch alles rumlag an der Unfallstelle
und leider nicht mitgenommen werden konnte; ich hab acht Monate auf den Platz in der
Klinik gewartet. Und lerne dort: Dankbarkeit als Ressource. Die sich aber nicht erzwingen
lässt, sie muss sich selbst einstellen im Innern und sich da dann ausbreiten. Und
wie? Indem man Platz schafft und die Katastrophengedanken als solche entlarvt.