Heft 846, November 2019

Ruhm und Ehre

Reibungen an den Grenzen der Modernisierungstheorie von Aleida Assmann

Reibungen an den Grenzen der Modernisierungstheorie

Die Worte Ruhm und Ehre sind in der Alltagssprache eng miteinander verbunden und werden fast synonym gebraucht. Viele sehen hier überhaupt keine Unterschiede. Die beiden hier vorgestellten Monografien zeigen jedoch, dass die Begriffs- und Diskursgeschichten weit auseinandergehen: In der Studie über Ruhm taucht der Begriff der Ehre gar nicht auf, in der Studie über Ehre ist Ruhm involviert, wird aber nicht eigens thematisiert. Es ist aufschlussreich, diese beiden Bücher eines Germanisten und Philologen sowie eines Politologen und Historikers zusammen zu lesen und dabei die theoretischen Rahmen und die Suchoptik zu vergleichen, mit denen sie anhand ihrer jeweiligen Leitbegriffe Diskursräume und historische Epochen ausleuchten.

»In der Ideengeschichte des Ruhms«, so informiert uns Dirk Werle, sind »keine auffälligen, erklärungsbedürftigen Brüche zu beobachten. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Geschichte von Kontinuitäten und Wiederholungen.«1 Wie aber erzählt man das Einerlei der Kontinuität in der Dichte von Befunden und riesigen Textmengen? Eine erste Einschränkung muss hier gleich erwähnt werden, denn Ruhm bleibt – mit wenigen Ausnahmen wie Sappho oder Maria – Männern vorbehalten: »Frauen sind aus dem Ruhmdiskurs tendenziell ausgeschlossen.« Dieses Kulturmuster hatte eine über Jahrtausende geltende Wirkung auf die Aberkennung weiblicher Kreativität: »Das Weib ist schöpferisch immer subaltern und kann nur reproduktiv wirken.«

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