Aleida Assmann im Merkur

7 Artikel von Aleida Assmann

Ruhm und Ehre

Reibungen an den Grenzen der Modernisierungstheorie Die Worte Ruhm und Ehre sind in der Alltagssprache eng miteinander verbunden und werden fast synonym gebraucht. Viele sehen hier überhaupt keine Unterschiede. Die beiden hier vorgestellten Monografien zeigen jedoch, dass die Begriffs- und Diskursgeschichten weit auseinandergehen: In der Studie über Ruhm taucht der Begriff der Ehre gar nicht auf, in der Studie über Ehre ist Ruhm involviert, wird aber nicht eigens thematisiert. Es ist aufschlussreich, diese

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Polarisieren oder solidarisieren?

Deutschland hat gegenwärtig ein dramatisches Antisemitismus-Problem. Die Identität der Deutschen ist von der Judenvernichtung, die von Nazideutschland ausgegangen ist, nicht abzulösen. Die historische Verantwortung für dieses Menschheitsverbrechen ist mit einer besonderen Verantwortung für den Staat Israel verbunden. Sie ist Teil der deutschen Staatsräson und zeigt sich in enger Kooperation mit den Menschen in diesem Staat und seinen Institutionen. Dass Juden und Jüdinnen der dritten und vierten Generation

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Wie viel Geschichte braucht die Zukunft?

1998 veröffentlichte der Historiker Eric Hobsbawm eine Sammlung von Essays aus dreißig Jahren. Der Titel seines Buches lautete On History. Der Übersetzer Udo Rennert hat sich für die deutsche Fassung etwas anderes einfallen lassen: »Wie viel Geschichte braucht die Zukunft?« Die Frage ist gerade hochaktuell, deshalb nehme ich sie hier noch einmal auf. Dabei nehme ich Bezug auf eine Debatte in den deutschen Medien, die vor mehr als einem Jahr begann und noch immer nicht zur Ruhe gekommen ist. Was zunächst wie

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Der Krieg in den Knochen

Christiane Hoffmanns Familiengeschichte »Alles, was wir nicht erinnern« Mit diesem Buch hatte ich nicht gerechnet. Christiane Hoffmann hat soeben die Erinnerung ihrer Familie für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet.1 Ist denn die Fluchtgeschichte deutscher Familien um 1945 noch ein Thema? Es wurde doch unmittelbar nach dem Krieg ausführlich behandelt, dann trat es einige Jahrzehnte in den Hintergrund und hatte durch Günter Grass’ Novelle Im Krebsgang nach 2002 eine zweite Konjunktur. Es gab wichtige

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Was ist ein Narrativ? Zur anhaltenden Konjunktur eines unscharfen Begriffs

Geschichten und Erzählen in der Biografiearbeit »Narrativ – wie leicht uns das Wort über die Lippen geht und wie wenig wir darüber wissen!«1 Dieser Stoßseufzer von Kathrin Röggla ist ein guter Ausgangspunkt für den folgenden Versuch einer Begriffsklärung. Manchmal lässt sich das Wort einfach durch andere Begriffe ersetzen. Wenn zum Beispiel vom »Narrativ« einer Ausstellung gesprochen wird, dann ist das Design und der Spannungsbogen gemeint, der für die Besucherinnen und Besucher erkennbar sein soll. In

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