Heft 858, November 2020

Pirol /Kein Pirol

von Günter Hack

Im ersten Monat der Covid-19-Krise war ich einer von jenen Leuten, die plötzlich sehr viel mehr arbeiten mussten als vorher. In den freien Minuten sehnte ich mich nach nichts. Ich zog einen Band mit Zeichnungen von John Cage aus dem Regal: Ryoanji. 1991 habe ich eine Ausstellung mit diesen Blättern in der Neuen Pinakothek besucht. Als Begleitprogramm schnurrten überall im Haus versteckte kleine Geräuschmaschinen vor sich hin. Ein Gefühl wie im Wald auf einem fremden Planeten.

John Cage hat den Zen-Buddhismus des Daisetsu Teitaro Suzuki in die Produktionslogik seiner Zeichentechnik eingearbeitet. Verschiedene Steine werden nach vorher festgelegten Prinzipien mit Zufallskomponente aufs Papier gelegt und mit dem Bleistift umrissen. Doch wenn man Suzukis Einführung in den Zen-Buddhismus liest, geht es gerade um die Überwindung jeder Form von Logik. Er schreibt: Ein Bambusstab in der Hand des Meisters ist auch kein Bambusstab.

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