Christoph Paret im Merkur

6 Artikel von Christoph Paret

Kill your darlings: Polleschs Irrtum, Wennschondennschons Küche

Das Zusammen-Pizza-Essen, das ist das Problem. René Pollesch, Kill your Darlings   Zweitbester Name eines Wiener Lokals Das Gegenstück zu den Klagen über Leistungsdruck, Versagensängste oder das »Impostor-Syndrom« besteht in der kaum einmal eingestandenen Angst, etwas Definitives zu schaffen. Die Befürchtung, niemals gut genug zu sein, verbirgt womöglich nur die gegenteilige Befürchtung, einmal gut zu sein. Denn was sollte danach noch kommen? Man denke beispielsweise an Lévi-Strauss, der spätestens in

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Die Gesellschaft des Suspense und der Katechon der Ökologie

Wer jetzt noch schreibt, der schreibt angesichts der drohenden erneuten Wahl Trumps, des sich abzeichnenden Aufschwungs der AfD, des möglichen Überfalls Chinas auf Taiwan, des bevorstehenden Kippens des Golfstroms, des Durchbrechens der Zwei-Grad-Marke, vor dem sechsten Artensterben, vor der nächsten Belastungsprobe der Europäischen Union, vor der technologischen Singularität. Es bleibt also noch ein klein wenig Zeit. Zeit zum Verzögern, Zeit, sich zu wappnen, aber auch Zeit, sich zu wundern: Gab es vor uns

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Das philosophische Unbewusste

Der neue Foucault Überraschend ist schon die schiere Existenz dieses Buchs. Beim legendären vierten Band von Sexualität und Wahrheit wusste man, dass er fertig in der Schublade gelegen hatte. Dagegen hatte niemand geahnt, dass Michel Foucault im Jahr 1966, wenige Monate nach der Veröffentlichung der Ordnung der Dinge, es auf dem Familiensitz in Vendeuvre-du-Poitou in Angriff nimmt, den Diskurs der Philosophie zu schreiben.1 Warum hat es Foucault unterlassen, das immerhin zusammenhängende Manuskript zu

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Ich habe fertig: Überlegungen zur »Ästhetik der Existenz«

»Katharsis«, »Sublimation«, »Hypnotisierung durchs Spektakel« – erinnert sich eigentlich noch jemand daran, dass dem Ästhetischen einmal mit großer Selbstverständlichkeit eine Entlastungs- und Entspannungsfunktion zugesprochen wurde? Manche haben das als Passivität verdammt, andere als Kontemplation geschätzt. Vorbei. Wann hat es angefangen, dass man sich ästhetisch überhaupt nur anstrengen kann? Da gilt es, »ästhetische Erfahrungen« zu machen, da gibt es unzählige Kunstwerke, an denen man

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Versehentlich unsterblich

Nachleben im Anthropozän We kehr for you. Berliner Straßenreinigung Im Anthropozän erfüllt sich aus Versehen der Wunsch des Kulturmenschen, eine bleibende Spur zu hinterlassen, ein Denkmal »dauerhafter als Erz«. Ironischerweise wird die Art und Weise, über den eigenen Tod hinauszuwirken, weniger in großen Werken bestehen, sondern in Zerstörungen, Emissionen oder Müll. Die menschlichen Hinterlassenschaften werden also letzten Endes kein Schwarzes Quadrat, keine Venus und keine Pyramide sein, sondern eine

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»Wenn der Epigone kommt, ist die Party vorbei«

Anfang der neunziger Jahre bittet Jacques Derrida den jungen Literaturprofessor Geoffrey Bennington, eine Einführung in sein Denken zu schreiben.1 Zweierlei spricht für ihn dafür, Bennington mit der Aufgabe zu betrauen: Dieser ist kein Franzose und zugleich bislang nicht als Dekonstruktivist hervorgetreten. Um gut einzuführen, muss man minimal draußen sein. Auch Derrida selbst liefert einen Beitrag zu dem Band. In der Endversion präsentiert Bennington im

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