Nostress
Kapverdische Notizen
von
Claus Leggewie
Die Kapverden, das Archipel im Atlantik, liegt drei Flugstunden von Lissabon und anderthalb von Dakar entfernt. Unter den afrikanischen Nationen ist der seit 1975 unabhängige Staat einer der stabilsten, auch relativ wohlhabend mit einem Bruttoinlandsprodukt von 3000 Euro pro Kopf. Dazu tragen die rund 700 000 Touristen jährlich bei und die Überweisungen der Kapverdianer, die in alle Himmelsrichtungen ausgewandert sind. Lange Warteschlangen gibt es nicht nur an den Wasserstellen, zu denen Frauen und Kinder schwere Plastikkanister schleppen, sondern auch vor den Bankfilialen, wo man die Escudos aus dem Ausland abhebt.
So auch in Assomada auf der Insel Santiago, der »afrikanischsten« der neun sehr unterschiedlichen Inseln. Von dort stammt Amílcar Cabral, dessen Konterfei auf vielen großen Wandgemälden prangt. Vor Jahrzehnten stand er mit Sekou Touré und Kwame Nkrumah in der ersten Reihe antikolonialer Befreiungskämpfer, zählte wie Frantz Fanon und Aimé Césaire zu den Vordenkern panafrikanischer Identität und Zusammenarbeit. In Lissabon studierte er Tropenlandwirtschaft und gründete das Centro de Estudios Africanos, sein Ziel war die »Reafrikanisierung des Denkens«.