Heft 884, Januar 2023

Abfall am Himmel

von David Gugerli

Eine Saturn-V-Rakete, mit der amerikanische Astronauten Ende der 1960er Jahre zum Mond fliegen konnten, wog beim Start 2900 Tonnen. Was die Hubschrauber und Rettungstaucher der Navy wenige Tage danach aus dem Meer fischten, brachte keine zwei Promille davon auf die Waage. Einzig das malträtierte Command Module kehrte zur Erde zurück, mit drei übermüdeten Astronauten, ein paar Kisten Mondgestein und einem großen Haufen belichteter Filme. Alles andere war verbrannt, im Meer versunken, in der Atmosphäre verglüht, auf dem Mond zurückgelassen oder mit unbekanntem Ziel im All unterwegs.

Die Rakete war zum Verschwinden bestimmt. Ihre kurze Lebensdauer bei maximalem Materialverbrauch kümmerte niemanden. Schmerzhaft für die NASA war hingegen ein viel gründlicheres Verschwinden der Saturn V, nämlich die Entscheidung der Regierung Nixon von 1970, den Bau dieses Raketentyps einzustellen. Das Apollo-Programm wurde vorzeitig beendet. Die Argumente der Regierung lagen auf der Hand. Das Risiko war enorm, der Grenznutzen weiterer Mondflüge stark gesunken. Die Bilder der Erde vom Mond aus betrachtet waren um die Welt gegangen, Armstrongs historischer »small step for a man« ließ sich nicht wiederholen, der Präsident hatte mit den Vertretern der Menschheit auf dem Mond telefoniert. Zudem waren die Bildarchive der NASA gut gefüllt, die physikalisch-chemischen Laboratorien der Welt mit lunaren Gesteinsproben versorgt.

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