Heft 883, Dezember 2022

Spiegelerlebnis mit Zeugen

von David Gugerli

Walter Cronkite war bei CBS über Jahrzehnte hinweg der Moderator, der aus besonders aufregenden oder heillos verwickelten Lagen eine verständliche Geschichte machen konnte. Virtuos reduzierte er die Komplexität großer Ereignisse auf ein handliches und allgemein anschlussfähiges Deutungsangebot. Das war auch am 27. Dezember 1968 der Fall. Soeben hatten drei Menschen die Rückseite des Mondes mit eigenen Augen gesehen. Frank Borman, William Anders und James Lovell konnten sogar vom Sonnenaufgang auf dem Mond berichten. Und sie zeigten einem globalen Fernsehpublikum, wie sich die Erde von außen präsentierte.

Die fernsehtechnischen Verhältnisse für diese Perspektivierung waren prekär. Das ganze Raumschiff musste schräg zur Flugrichtung gestellt werden, damit die Erde in den kleinen Fensterrahmen der Kapsel passte und die Kamera in Position gebracht werden konnte – etwas schief zum Fenster, um die Spiegelung der Scheibe zu reduzieren. Verschiedene optische Filter aus dem Arsenal der Fotoausrüstung wurden mit Klebeband vor der Linse der Fernsehkamera befestigt, um mehr als nur einen weißen Fleck nach Houston übertragen zu können. Da die TV-Kamera über kein Display verfügte, konnten die Anweisungen für ihre Positionierung nur über Sprechfunk, also mit beträchtlicher Verzögerung aus dem Mission Control Center in Houston kommen.

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