Heft 862, März 2021

Der Ziz

Der Kampf ist aus von Moritz Rudolph

Der Kampf ist aus

Wir sind es gewohnt, die Geschichte der Herrschaft als Kampf zwischen Leviathan und Behemoth zu erzählen, zwischen Staat und Unstaat, Ordnung und Revolution, Verfestigung und Verflüssigung, Einheit und Zerfall. Daran hat sich seit Thomas Hobbes kaum etwas geändert. Carl Schmitt vertauschte lediglich die Symbole und behauptete, das Seeungeheuer Leviathan (damit zielte er auf Großbritannien und die Vereinigten Staaten) sei aufgrund seiner meerisch-fließenden Existenzweise überhaupt nicht in der Lage, eine feste Ordnung zu errichten, und ergriff Partei für den Behemoth vom Land, den er mit dem nationalsozialistischen Deutschland identifizierte und später mit dem tellurischen Partisanen, der gegen die Einheit der Welt vorgeht.

Franz L. Neumann drehte Schmitts Urteil um und fand den nationalsozialistischen Behemoth ein schreckliches Tier – oder genauer: Er war noch nicht schrecklich genug, so dass seine vermeintliche Zwangseinheit in konkurrierende Gruppen zerfiel. Wehrmacht, Partei, Bürokratie und Kapital lösten den Staat auf, aber nicht die Herrschaft, und bildeten einen »Unstaat«, der den Rest der Welt gleich mit in ein Schlachtfeld zu verwandeln drohte.

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