Bücher von Merkur-Autoren: Hitlers Sex

heussenGemeinsam mit dem britischen Schriftsteller John David Morley hat MerkurAutor Benno Heussen in der von Vito von Eichborn betreuten E-Book-Edition Vitolibro den vielleicht etwas dröge betitelten Band Hitlers Sex veröffentlicht. (Hier DRM-frei für 2,99 Euro.) Darin versammelt sind neben einführenden und kommentierenden Texten der Herausgeber Auszüge aus dem Gutachten, das der Psychoanalytiker Walter C. Langer Ende des Jahres 1943 über The Mind of Adolf Hitler (so der Titel der Buchpublikation von 1972) erstellte. Erstmals veröffentlicht der Band jedoch – jedenfalls in der Zusammenstellung – die Resümees der Interviews, die die Grundlage für das Gutachten bildeten, unter anderen mit den ehemaligen Hitler-Weggefährten Otto Strasser (dem Bruder Gregor Strassers) und Ernst Hanfstaengl, der Richard-Wagner-Enkelin Friedelinde Wagner und dem bis 1935 im deutschen Film tätigen US-stämmigen Regisseur und Produzenten Alfred Zeisler. (Der hat übrigens 1944 in den USA einen Propagandafilm gegen Joseph Goebbels mit dem Titel Enemy of Women gedreht. Wer sucht, wird ihn auf Youtube finden.)

Benno Heussen berichtet, wie er an das Material gelangte: „Ich habe es dadurch entdeckt, dass mir im Rahmen einer rechtshistorischen Forschung über die NS-Zeit das Buch von Walter C Langer, das in Hamburg veröffentlicht worden war, in die Hände fiel. Dort fand ich den Vermerk, dass das Material, auf dem das Buch beruht, noch nicht (auch nicht in den USA) veröffentlicht worden ist. Dass es in der Kongressbibliothek in Washington liegt, war dort ebenfalls vermerkt. Ich bin dann anlässlich einer Dienstreise dort vorbeigegangen und wie das in den USA so üblich ist, kriegt man alles, was public domain ist, auf Mikrofiche geliefert.“

Als Teaser für das Buch hier zwei Auszüge. Der erste ist die Prognose Langers für Hitlers Ende, 1943 erstellt und erstaunlich hellsichtig. Der zweite ist der Beginn einer Passage, in der Alfred Zeisler einen intimen Besuch der Schauspielerin Renate Müller (Viktor und Viktoria) bei Hitler schildert. 

Die Prognose vom Herbst 1943: Wie Hitler sich in Zukunft verhalten könnte

Nun, da sich das Kriegsglück gegen Hitler wendet, wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie er in Zukunft reagieren könnte. […]

1. Hitler könnte eines natürlichen Todes sterben. […]

2. Hitler könnte Zuflucht in einem neutralen Land suchen. […]

3. Hitler könnte im Kampf fallen. […]

4. Hitler könnte einem Attentat zum Opfer fallen. […]

5. Hitler könnte wahnsinnig werden. […]

6. Die Wehrmacht könnte putschen und Hitler gefangennehmen. […]

7. Hitler könnte in die Hände der Alliierten fallen. […]

8. Hitler könnte Selbstmord begehen.

Dafür ist die Wahrscheinlichkeit am größten. Er hat nämlich nicht nur häufig mit Selbstmord gedroht, auch von dem her, was wir über seine seelische Befindlichkeit wissen, ist dies die nahe-liegendste Möglichkeit. Zwar dürfte er eine ungeheure Angst vor dem Tod haben, aber ein Psychopath wie er könnte seinen ganzen Mut zusammennehmen, sich in die Rolle des Übermen-schen hineinsteigern und die Tat begehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre es jedoch kein einfacher Selbstmord, da er ja für seinen Hang zur Theatralik bekannt ist. Außerdem wissen wir, daß der Wunsch nach Unsterblichkeit zu seinen Hauptantriebskräften gehört. Deshalb dürfte er sich wohl ein Szenario für seinen Tod auswählen, das an Dramatik und Effekthascherei nicht zu überbieten sein wird. Er weiß, wie er Menschen an sich binden kann, und wenn es ihm nicht gelingt, diese Bindung im Leben herzustellen, wird er alles in seiner Macht stehende tun, sie wenigstens im Tod Wirklichkeit werden zu lassen. Es könnte sogar sein, daß er einen anderen Fanatiker anstiftet, seine Ermordung nach seinen eigenen Anweisungen zu bewerkstelligen.

Hitler hat die Möglichkeit eines solchen Todes bereits ins Auge gefaßt, wenn er zu Rauschning sagt: „Ja, in der Stunde des äußersten Gefahr werde ich mich für mein Volk opfern.“ Das wäre von unserer Warte aus betrachtet höchst unerwünscht, denn wenn diese Tat geschickt ausgeführt wird, dürfte sich Hitler als Legende so tief in die Köpfe des deutschen Volkes eingraben, daß es Generationen dauern wird, sie wieder herauszubekommen.

[…]

Hitlers Geisteszustand wird sich jedenfalls zusehends verschlechtern. Er wird den Kampf mit allen nur erdenklichen Mitteln solange fortführen, wie er nur kann, um der Lage Herr zu werden. Der Kurs, den er dabei verfolgt, wird jener sein, der ihn am ehesten auf den Pfad der Unsterblichkeit bringt und der Welt, die er eigentlich verachtet, den größtmöglichen Schaden zufügt.

Aus der Zusammenfassung des Gesprächs mit Alfred Zeisler

Als Stammregisseur wurde Zeisler häufig von Hitler gebeten, Schauspielerinnen in die Reichskanzlei zu schicken. Einige von ihnen wurden vorübergehend zu Favoritinnen, und Zeisler wollte wissen, was da im Gange war. 1934 wurde er gebeten, zwei Revuetänzerinnen zu schicken. Als sich Zeisler tags darauf erkundigte, hatten die Mädchen nichts Besonderes zu berichten, außer daß Hitler den ganzen Abend geprahlt hatte. Sie fanden das sehr merkwürdig, denn er erzählte ihnen die meiste Zeit davon, wie er den Anschluß Österreichs bewerkstelligen und eine schlagkräftige Armee, die größte Armee der Welt, aufstellen und das Rheinland befestigen wollte. Dabei war es sein Hauptanliegen, den Mädchen mit seiner Großartigkeit und Macht zu imponieren.

Bei einer anderen Gelegenheit verbrachte er einen Abend damit, Rene (Renate) Müller zu erzählen, daß er sich eingehend mit den Foltermethoden des Mittelalters beschäftigt habe und diese der Zeit anpassen werde, um sie in Deutschland wieder einzuführen. Nur so könne man seiner Überzeugung nach ein Volk regieren, nur so ließe sich Macht am optimalsten auskosten. Einige dieser Foltermethoden, die später von der Gestapo übernommen wurden, beschrieb er in allen Einzelheiten, so daß es ihr vor Entsetzen kalt den Rücken hinunterlief. Rene Müller war später eine der Favoritinnen Hitlers und war nur allzu bereit, in sexueller Hinsicht alles mit sich machen zu lassen. Laut Zeisler soll sie alles unternommen haben, um Hitler zu verführen, was ihr aber niemals gelang. Einmal soll Hitler dabei in ziemliche Erregung geraten sein, und sie dachte, nun sei der Augenblick gekommen, nun würde er etwas unternehmen. Statt dessen sprang er aber auf, reckte den Arm zum Nazigruß und prahlte, daß er den Arm anderthalb Stunden so halten könne, ohne zu ermüden, während es Göring nicht einmal zwanzig Minuten aushielte.

Übersetzung: Manfred Jansen

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