Das April-Heft
Jetzt im Handel und auch im Netz: das April-Heft. Zwei Texte nehmen die Zeitung in den Blick, allerdings vor entschieden historischem Hintergrund. Lothar Müller befasst sich (in einer der beiden Gratis-Leseproben) mit dem Zusammenhang von Aktualität und Deadline und hat wenig Sorge um die Zukunft der Zeitung in der Digitalära. Wolfgang Hagen greift noch weiter, nämlich bis in die Antike und zu Meister Eckhart, zurück - und diagnostiziert deutlich weniger optimistisch das Ende der Aktualität. Außerdem unter anderem: Anke te Heesen mit Grundlegungen zu einer Naturgeschichte des Interviews, Klaus Birnstiel nimmt exoterische Texte von Helmut Lethen, Peter Sloterdijk und anderen zum Anlass, über das Innen und Außen der Akademie nachzudenken. Als Soziologie-Kolumnist verabschiedet sich Jürgen Kaube (zweite Gratisleseprobe), im September übernimmt Rudolf Stichweh.Neu: Kathrin Passigs „Standardsituationen der Technologiekritik“ (Bücher von Merkur-Autoren)
In der "Edition Unseld" bei Suhrkamp erschienen: Kathrin Passigs Standardsituationen der Technologiekritik, ihre gesammelten Internetkolumnen für den Merkur. Natürlich alle auch nach wie vor bei uns im Archiv nachlesbar, und zwar lustigerweise summa summarum genau für den Preis des Buches: 12 Euro. Die Texte gebunden und am Stück in der Hand halten zu können, ist aber, gegen Passig für Passig gesprochen, auch nicht so schlecht. Bestellbar ist das Buch etwa hier.Neu: Cord Riechelmann über Krähen (Bücher von Merkur-Autoren)
Bei Matthes & Seitz ist vergangene Woche Cord Riechelmanns "Krähen. Ein Porträt" erschienen. Und zwar als Auftakt einer von Judith Schalansky herusgegebenen Reihe "Naturkunden" im Verlag Matthes & Seitz. Bestellen kann man es hier für 18 Euro. Im Merkur sind von Cord Riechelmann zuletzt die Texte Politik oder Polizei? Die Radikalisierung der Demokratie bei Abensour und Rancière und Kontingenz. materialistische Anmerkungen zu Louis Althussers späten Schriften erschienen.Meine deutsche Frage. Aus dem Tagebuch 1993
Vorbemerkung: Dies ist die Langfassung von Michael Rutschkys Tagebuchaufzeichnungen des Jahres 1993. Eine deutlich gekürzte Fassung ist im Märzheft erschienen. Sie ist, ebenso wie zwei frühere Folgen - nämlich aus dem August 2010 (1990) und dem Juli 2011 (1991) -, im Onlinearchiv abrufbar. Freitag, 1. Januar, Berlin. - Alle haben zum Jahreswechsel geschrieben, erzählt meine Mutter am Telefon. Mit Ausnahme von "Fischer", wie sie früher hieß, Gerda Peus, eine Mitschülerin im Berliner Lettehaus, aus der Prähistorie. Vor kurzer Zeit behauptete sie, meine Mutter werde sie gewiss überleben. „Da macht man sich doch Sorgen.“In ihrem letzten Brief erzählte Gerda Peus, ihr Sohn Jochen habe ihr eine Gardinenpredigt gehalten, und sie habe sich anstrengen müssen, um nicht zurückzuschlagen. Warum Gardinenpredigt? „Na, vermutlich weil sie dauernd klagt über ihr Befinden. Sie soll sich ein bisschen zusammennehmen.“
Irgendwann habe sie sogar mal gestanden, es sei wohl ein Fehler gewesen, nach Amerika auszuwandern. „Sie fühlt sich regelrecht entwurzelt.“ Das Ehepaar Peus ging um 1950 hinüber, als man dachte, Deutschland bleibe auf ewig am Boden. – Sie fühlt sich entwurzelt, weil sie außerhalb der Familie keine Freunde hat, und die Familie lebt weit verstreut in den Staaten. Der Sohn Jochen, Arzt wie sein Vater, kommt einmal in der Woche und führt seine Mutter zum Essen aus…
Dem Söhnchen geht es glänzend, erzählt Wackwitz am Telefon. Er sei ohne Frage das schönste und höchstbegabte Kind auf Gottes weiter Erde... Er, Wackwitz, werde übrigens im Sommer nach Deutschland zurückkehren, nach München. Er werde Redenschreiber von Präsident Harnischfeger. Und seine Frau strebe gleichfalls fort aus Japan, obwohl das Leben hier (dort) sich gerade sehr angenehm gestalte.
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