• Günther Anders‘ Breslau 1915/1966, Wrocław 2020

    Ich bin dem Schriftsteller, Philosophen und Dichter Günther Anders (1902-1992) in kurzer Zeit dreimal hintereinander begegnet: Anders war in der Umwelt-, und Friedens- und Antiatomkraftbewegung aktiv, und in erster Ehe mit Hannah Arendt verheiratet, deren Werk im Deutschen Historischen Museum gerade eine umfangreiche Schau gewidmet wurde. Während der Vorbereitung eines Aufenthalts in Wrocław stellte ich außerdem fest, dass er ein Tagebuch seiner Rückkehr in die Stadt geführt hatte. Anders hatte Wrocław fünfzig Jahre zuvor verlassen, um mit seinen Eltern, den deutsch-jüdischen Psychologen Clara und William Stern, nach Hamburg zu ziehen und war seitdem nicht zurückgekehrt. (mehr …)
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  • Woher kommt jetzt diese Frage? Zu Rainald Goetz‘ „Reich des Todes“

    Drei Frauen tanzen im neuen Stück von Rainald Goetz, Reich des Todes, wie Tick, Trick und Track auf der Bühne im Gleichschwung zu einem Lied über Coca-Cola, die rote Imperalistenbrause. Die Schauspielerinnen singen das Lied selber, zu dem sie sich im Takt wie einst Marlene Dietrich oder Marilyn Monroe vor den amerikanischen Soldaten wiegen. Coca-Cola ist ein Zeichen, das durch das Stück immer wieder verwendet wird. Sie ist leistungssteigernd, sie ist voller Zucker, sie hebt die Stimmung und sie wird in die ganze Welt exportiert. Ein amerikanischer Krieg ohne Coca-Cola scheint undenkbar. Die Performance der Truppenunterhalterinnen soll die Arbeitsmoral der amerikanischen Soldaten heben. Die Arbeit bestand 2003-2004 im Irak darin, an Informationen zu kommen, wer für die Anschläge auf die Twin-Towers verantwortlich zu machen sein könnte. (mehr …)
  • Ein italienisches Selbstgespräch

    Die Philosophie ist sich uneins, was sie herausfinden will – letzte Dinge, korrekte Sätze, ganze Systeme, gute Ordnungen – da sagt jeder etwas anderes. Donatella di Cesare, Philosophin aus Rom, fügt diesen Positivbestimmungen eine negative hinzu und behauptet, es gehe ums Dagegensein. Nur wer weltfremd ist wie Thales (der antike Hans Guck-in-die-Luft), lästig wie Sokrates (die Stechfliege auf der Agora) und manchmal auch dunkel wie Heraklit, verdient es, Philosophin genannt zu werden. Als Negationskünstlerin braucht sie die Polis, um nachzuweisen, dass die Form nicht stimmt. (mehr …)
  • Kette der Solidarität. Litauen und Belarus sind in Vergangenheit und Gegenwart eng miteinander verbunden

    Von der litauischen Hauptstadt Wilna sind es 172 Kilometer bis ins belarussische Minsk. Auf drei dutzend Kilometern zur EU-Außengrenze haben vor gut einer Woche 50 000 Menschen eine Menschenkette gebildet. Sie erinnerten damit an den Hiter-Stalin-Pakt, der am 23. August 1939 geschlossen wurde und die Teilung Europas in zwei Einflussbereiche festschrieb. Für fünf Jahrzehnte unterbrach der Pakt die Eigenstaatlichkeit der nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Staaten im Baltikum. Der litauische Journalist Andrius Tapinas schlug vor, zur Erinnerung an die von Estland bis Litauen reichenden Baltischen Weg am 23. August 1989, 2020 eine Kette der Freiheit in Richtung Minsk zu bilden. Die ehemaligen Präsidenten Dalia Grybauskaute, Vladas Adamkus und der amtierende Präsident Gintanas Nauseda stehen am Straßenrand in Masken neben Familien mit weiß-rot-weißen Wimpeln. Alle rufen: „Für eine freie Republik Belarus!“ (mehr …)