• Musks Twitter: Was bisher geschah

    Sink In

    »Welcome to Hell, Elon« überschrieb das Online-Magazin The Verge einen Artikel, nachdem Elon Musk am 28. Oktober 2022 Twitter dann tatsächlich gekauft hatte. Tags zuvor hatte er sich selbst zum »Chief Twit« ernannt und war mit einem Waschbecken in den Händen in die Firmenzentrale in San Francisco einmarschiert, nicht als Weltgeist zu Pferde, sondern als wandelndes Wortspiel und Möchtegern-Meme: »Let that sink in.« Donald Trump kommentierte noch am selben Tag auf seiner eigenen Social-Media-Plattform Truth Social: »I am very happy that Twitter is now in sane hands, and will no longer be run by Radical Left Lunatics and Maniacs that truly hate our country.« Ein paar Wochen später war sein nach dem Putschversuch vom 6. Januar 2020 gesperrter Account per von Musk spontan angesetzter Umfrage auf Twitter reaktiviert.

    (mehr …)

  • Feministische Philosophie

    Die feministische Philosophie gehört zu den spannendsten und innovativsten Strömungen der gegenwärtigen Philosophie. Sie nutzt die begrifflichen und methodischen Mittel der Philosophie und wendet sie unmittelbar auf Fragestellungen an, die zumeist einen eminent politischen Charakter haben. Sie verletzt dabei selbstbewusst überkommene Unterscheidungen – etwa die zwischen praktischer und theoretischer Philosophie – und veranschaulicht ihre Überlegungen selten an bloß ausgedachten Fällen oder unter Zuhilfenahme kontrafaktischer Situationsbeschreibungen. (mehr …)
  • Zirkulation des Publikums

    Verschwundene Dinge hinterlassen Spuren ihrer vergangenen Präsenz. Dafür braucht es nicht viel. Ein heller Fleck an der Wand, ein Kaufbeleg in einer leeren Plastiktüte, Schwermetalle im Schrebergarten, vielleicht ein flüchtiger Geruch oder eine merkwürdige Redewendung zeigen bereits an, dass da etwas gewesen sein muss. Es gehört zu den Schlitzohrigkeiten der Zeichen gegenwärtiger Absenz, dass nicht nur die verschwundenen Dinge selber, sondern auch die Spuren ihres Verschwindens sehr unterschiedliche Halbwertszeiten haben. (mehr …)

  • Kunst, du Holde. Ein Kulturtrip

    Wie war dein Kultursommer? Die Frage verblüffte mich, obwohl niemand sie mir persönlich stellte, sie stand herausfordernd auf einem Plakat am hinteren Bahnsteig, wo es doch meistens um Reiseschokolade geht. Die Frage kam mir sinnlos vor, denn was sollte das Präteritum in einer Werbebotschaft, die nach vorne gerichtet sein sollte. (mehr …)

  • Mit nur einer Schere

    August in Niederbayern. Mit dem Rad, das meinem Großvater gehört hat, fahre ich tief in den Wald. Hier ist es nicht so heiß wie draußen, es hat wochenlang nicht geregnet. 2022 ist das Jahr Null der Klimakatastrophe. Ich fahre vor diesem Gedanken weg, an einen Ort, an dem ein Bach im Boden verschwindet. Zu dem Ort gibt es eine Legende: Der Geist einer reichen und geizigen Bäuerin sei dazu verdammt, hier umzugehen, weil sie mit ihren beiden Töchtern immer nachts Getreide von den Feldern der Nachbarn gestohlen haben soll. Die Geschichte steht auf einer Tafel im Wald, neben einem Marienbildstock, der zum Gebet auffordert. (mehr …)

  • Ökologie und Radikalität. Anmerkungen zur „Letzten Generation“

    Der historische Vergleich erfreut sich im politischen Diskurs großer Beliebtheit. In den seltensten Fällen bricht sich dabei eine besondere Geschichtsbegeisterung Bahn, in aller Regel geht es vielmehr um die Gegenwart. Sehr häufig dient der Verweis auf die Historie dazu, Traditionslinien zu konstruieren. Ein rezentes Beispiel für diese Strategie ist etwa die Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am 8. März 2022 vor dem britischen Unterhaus, in der er Churchills berühmte Durchhalterede We Shall Fight on the Beaches zitierte und sich damit, durchaus nicht ohne Erfolg, in dessen Nachfolge stellte.

    (mehr …)

  • Ziviler Ungehorsam. Von Martin Luther King zur „Letzten Generation“?

    Seit geraumer Zeit halten die Aktionen der »Letzten Generation« die deutsche Öffentlichkeit in Atem, ja, im Grunde bereits seit dem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021, als einige Initiatoren in den Hungerstreik traten und damit versuchten, Gespräche mit den Spitzenkandidaten der wesentlichen Parteien zum Thema Klimaschutz zu erzwingen. Seitdem hat sich das Repertoire an Aktionsformen erweitert: allen voran die Sitzblockaden auf zentralen Straßen und die Interventionen in Kunstmuseen oder anderen Kultureinrichtungen oder auch am Hauptstadtflughafen BER. (mehr …)

  • Versagen der Vorstellungskraft. Der Kampf gegen das iranische Regime

    Als iranische Gerichte Mitte November vergangenen Jahres erstmals einen der Demonstranten zum Tode verurteilten, waren mutmaßlich bereits 326 Menschen bei der gewalttätigen Niederschlagung der Proteste getötet worden – ein weiterer Beleg für die Brutalität und den moralischen Bankrott der Islamischen Republik. Aber auch ein Indiz für die Ratlosigkeit eines Regimes, das zunehmend den Bezug zu den Wünschen seiner Bevölkerung verliert. (mehr …)

  • Neue Sinne: Die Digitalisierung der Wahrnehmung. Sinneskolumne

    Die Revolution aus der Flasche heißt »air up«, besteht aus BPA-freiem Tritan ohne Weichmacher und hat ein Mundstück aus lebensmittelechtem Silikon, wie es auch in Babyschnullern verwendet wird. Den »No-Brainer unter den Geschenkbundles für air up® Newbies« gibt es zum Einstiegspreis von 39,95 Euro. Enthalten sind eine Trinkflasche für pures Wasser, eine Reinigungsbürste und sechs Pods. Mit diesem Begriff bezeichnet der Hersteller aufsteckbare Kunststoffringe, die ein aromatisiertes Duftkonzentrat enthalten, das den Konsumierenden während des Trinkvorgangs von der Flaschenmündung aus in die Nase steigt. (mehr …)

  • Tunesiens revolutionäres Jahrzehnt

    Bis vor kurzem galt die Entwicklung Tunesiens als die einzige Erfolgsgeschichte des Arabischen Frühlings. Doch am 25. Juli 2021 zitierte Präsident Kais Saied den Premierminister in den Präsidentenpalast in Karthago und entließ ihn, rief den Ausnahmezustand aus, suspendierte das Parlament und schickte die Armee, um die Zugänge zum Gebäude abzuriegeln. In den folgenden achtundvierzig Stunden wurde eine landesweite Ausgangssperre verhängt, der Leiter des staatlichen Fernsehsenders ausgetauscht und gewählten Amtsträgern die Immunität entzogen. Saied setzte die vielgepriesene postrevolutionäre Verfassung außer Kraft, löste das Parlament auf und regierte per Dekret. Seitdem wurden Regionalgouverneure abgesetzt, Zivilisten vor Militärgerichte gestellt, etliche Oppositionspolitiker inhaftiert und andere in Abwesenheit zu Gefängnisstrafen verurteilt. (mehr …)