• Immer Ärger mit Paul. Kino, Rassismus, Diversität (2)

      In seiner Dokumentation Als Paul über das Meer kam begleitet Jakob Preuss Paul, einen Migranten aus Kamerun, auf seinem Weg nach Deutschland. Sie lernen sich in einem Lager vor Mellila kennen, der spanischen Enklave in Marokko, wo Paul auf die Gelegenheit einer Überfahrt nach Europa wartet. Anfangs filmt Preuss im Lager, dann wechselt er auf die spanische Seite. Preuss zeigt, wie die Migranten an dem Zaun hängen, der Melilla von Marokko trennt, von Polizisten mit Schlagstöcken runtergeprügelt und dann durch die Zäune wieder zurück auf die andere Seite geschafft werden. In diesem Moment dachte ich mir: Irgendetwas stimmt nicht mit der Art, auf die er das filmt. Aber was? (mehr …)
  • Körpersprache als Lösungsmittel

    A Dancer's Day von und mit Boris Charmatz eröffnet die neue Volksbühnen-Spielstätte Hangar 5

    Erst wurde mit Boris Charmatz‘ Fous de danse am 10. September 2017 die symbolisch-rituelle Öffnung des alten Flugfeldes für die Volksbühne gefeiert – mit einem ganzen Tag „Ringelpietz am Rosinenbomber“. Auf die „Eventchoreografie mit Volksfestcharakter“ folgte Charmatz‘ 390 Minuten langes soziales Event A Dancer’s Day zur Eröffnung der zukünftigen Spielstätte Volksbühne Tempelhof Hangar 5. Das meiste davon: interaktiv. Das „Stadt-Theater ohne Grenzen“, wie es im Programm dieser Volksbühne heißt, möchte sich durch Mitmachen zur politischen Aktion erheben. Heißt hier konkret, das weiße Weißweinvolk der Berlin Art Week abzuholen und zum gegenseitigen Beschnuppern zu animieren. Wie bei Performances der Kunstwelt üblich, heißt es auch, dass viele instagrammierende Smartphone-User sich ihr Dasein gegenseitig belegen. (mehr …)
  • Immer Ärger mit Otto. Kino, Rassismus, Diversität

    In „Lucky Loser“, der Komödie von Nico Sommer, treibt Mike (Peter Trabner) einen Wohnwagen auf und fährt mit seiner fünfzehnjährigen Tochter Hannah (Emma Bading) auf einen Campingplatz in Brandenburg. Dort lotst sie auch ihren Freund hin, Otto (Elvis Clausen). Irgendwann steht Otto in der Tür des Wohnwagens. Und für diesen kurzen Moment dachte ich - nice. (mehr …)
  • Facebook als Tor zur Welt

    Die Posts im Newsfeed: „Bitte teilen!“ (Es geht um eine Zimmermiete in einem „wunderschönen Altbau“). „Die Matratze deines Lebens“ (das ist Werbung), noch ein „cozy“ WG-Zimmer, „Wonderwoman – jetzt im Kino“. Danach ein Artikel: „Ist Wonderwoman feministisch?“ Das Bild, und das Bild – ich like beide. Ein Artikel über Anthony Scaramucci, Trumps neuen Kommunikationschef. Überhaupt, wie überall: Trump, Trump, Trump. Und noch ein Artikel über den G20-Gipfel in Hamburg: „Der Gipfel der Gewalt“ (Der Artikel ist natürlich gegen Gewalt). Die Ehe für alle und die Freude darüber und der Hinweis, dass es nur ein kleiner Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit ist und eine Diskussion darüber, ob das stimmt, und „Wonderwoman – jetzt im Kino“, und jemand schreibt: „Eine Zigarettenlänge Regen", „This is so inspiring – need to watch this“. OK klar, das gilt nicht allgemein, Facebook ist unterschiedlich, je nach Likes, Friends und unbekannten Algorithmen. Wir schauen nicht den gleichen Sender. Aber wir sind viele: In Deutschland nutzen dreiundzwanzig Millionen Menschen Facebook täglich, weltweit sind es eins Komma drei Milliarden.[2. https://s21.q4cdn.com/399680738/files/doc_financials/2017/Q2/FB-Q2'17-Earnings-Release.pdf] (mehr …)
  • Die Angst vor der Leitkultur

    Ausgerechnet den Begriff »Leitkultur« für etwas an sich richtig Gedachtes zu wählen, hieß dem Pietismus der ideologischen Leisetreterei ein Geschenk zu machen. Daß die häßliche Metapher nun auch noch einhergeht mit dem größten Reizwort für den hiesigen Politmoralismus, nämlich »deutsch«, erklärt die wü- tende, die herablassende oder die moralisch erpresserische Reaktion. Aber auch wenn es nicht das Wort »Leitkultur« gewesen wäre, sondern »kulturelle Norm«, also der Hinweis darauf, daß in komplexen Gesellschaften bei aller privaten Liberalität so etwas wie eine historische und mentale Dominante vorherrschen müsse, wäre die Aufregung nicht minder gewesen. Denn eine solche Norm könnte hier nicht türkisch, arabisch, südamerikanisch oder russisch sein, sondern sie müßte eben deutsch sein. Daß Freundschaft mit Ausländern immer schon zum Reichtum einer Person gehörte, daß Internationalität das Salz einer nationalen Kultur ist, ändert an der Wichtigkeit des Normbegriffs nichts, sollte jedenfalls kein Anlaß sein, die Kategorien, um die es hier geht, zu verwechseln. (mehr …)
  • Parteiprogramme: Kulturpolitik (Hohe Kultur 8)

    Teil 8 der Serie von Merkur-Blog und pop-zeitschrift.de Vor der Bundestagswahl 2017 liegen natürlich auch die kulturpolitischen Ansichten der Parteien in programmatischer Form vor. Selbst wenn das Parlament kaum über Möglichkeiten einer direkten Einflussaufnahme auf die Errichtung von Museumsbauten, die Einstellung von Intendanten und der Subventionierung konkreter Kunstprojekte verfügt, geben die vor der Wahl beschlossenen Papiere doch einen zuverlässigen Eindruck über allgemeine Prinzipien der Parteien, die dann konkrete Entscheidungen ihrer Bürgermeister, Landesminister, regionaler Fraktionen etc. teilweise anleiten oder mindestens in offiziellen Stellungnahmen zur Legitimation bemüht werden. (mehr …)