• Politiken der Arbeit

    Es war André Gorz, der vor rund vierzig Jahren mit seinem Buch Abschied vom Proletariat die ersten Fundamente für das Projekt eines bedingungslosen Grundeinkommens gelegt hat. Damals plädierte er dafür, von der marxistischen Vorstellung einer sich durch die Erfahrungen im Arbeitsprozess automatisch revolutionierenden Arbeiterklasse endgültig Abschied zu nehmen und stattdessen nach Möglichkeiten einer Revitalisierung demokratischen Engagements jenseits der Erwerbstätigkeit zu suchen. Das Mittel, das ihm dafür geeignet schien, war das der Auszahlung eines regelmäßigen, an keinerlei Bedingungen geknüpften Mindesteinkommens an alle erwachsenen Gesellschaftsmitglieder, das hoch genug sein sollte, um frei von ökonomischen Sorgen nach je eigenem Gutdünken im öffentlichen Raum aktiv zu werden.2

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  • Der große Freund

    Philosophie ist, nach einer berühmten Formulierung Hegels, »ihre Zeit in Gedanken erfaßt«. Die Beschäftigung mit Alltag und News ist daher keine bloße Nebentätigkeit. Auch kein pädagogischer Zusatz, mit dem der Philosoph den Leuten mitteilt, was er im stillen Kämmerlein herausgefunden hat. Sie ist das Material, von dem er lebt, der Unruhepol im eigenen System, der Geist, der alles in Bewegung hält und zu Veränderungen der Theorie führt. Krisenzeiten, in denen die Ordnung ins Rutschen gerät, sind daher Denkzeiten. (mehr …)

  • Das Gespenst der Maschine, die mich schreibt

    Die Gegenwart ist die offene Zeit, in der ich mich nicht auskenne, aber gleichzeitig einer der wenigen Orte, an dem ich Entscheidungen treffen kann. Gleich, übermorgen, sofort, nächste Woche, am besten nie. Aber ist die Gegenwart überhaupt ein Ort? Wenn sie kein Ort wäre, wo würde ich mich dann befinden? Gleichviel. Dringender ist eine andere Frage: Was ist jetzt zu schreiben, in dieser Gegenwart? Was ist jetzt zu tun? Und wie, auf welche Weise ist jetzt zu schreiben? Was muss jetzt übersetzt werden? Was möchte ich lesen können, in dieser Gegenwart? (mehr …)

  • Verschwörungsdenken und Gewalttoleranz

    I.

    Schon am Tag nach den Verhaftungen der trüben Truppe, die eine politische Ordnung à la 1871 wiederherstellen wollte, stand die Verteidigungslinie in den einschlägigen Verschwörungsjournalen: Das alles sei ja nur eine von den Medien aufgebauschte Spinnerei einiger Greise; hinter der Razzia stehe die Absicht, kurzfristig von anderen Themen abzulenken und längerfristig für schärfere Gesetze gegen »Andersdenkende« Stimmung zu machen. (mehr …)

  • Die Documenta nach ihrem Ende (18.2.2023)

    .. A: Was glaubst Du, wird jetzt aus der Documenta? B: Ich bin mir nicht sicher, ob es sie noch gibt. A: Warum? B: Die Documenta war eine der erfolgreichsten Kunstinstitutionen der Welt, und sie war für ihre Geheimniskrämerei berühmt. Wie jeder amerikanische Präsidentschaftswahlkampf eine neue Form von Medienkampagne hervorbrachte, so brachte jede Documenta ihren eigenen Stil der Irreführung und Mystifikation zur Geltung. Das war ein Teil ihres Nimbus, und das war ihr Beitrag zum Boulevard-Theater. Die d15 war da keine Ausnahme, sondern nur die vorerst letzte Variante des Themas. Und das indonesische Kuratorenteam ruangrupa hat einige Betriebsgeheimnisse bis zuletzt gewahrt und entpuppte sich darin als stolze Vertreterin ihrer Zunft. Damit hat es jetzt ein Ende. (mehr …)
  • Erratum Februarheft

    Leider ist uns in den Credits des Februarhefts ein Fehler unterlaufen: Die bio-bibliografischen Informationen zu Susanne Neuffer sind falsch beziehungsweise passen auf unsere Autorin Sibylle Severus, deren Text Fußball Spiele wir im Januarheft veröffentlicht haben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Die korrekten Informationen lauten: Susanne Neuffer, geb. 1951, Autorin. 2019 erschien Im Schuppen ein Mann; 2022 Sandstein. Zwei Novellen. www.susanne-neuffer.de