Author: Monika Rinck

Artikel Author: Monika Rinck

  • FOR REAL? Vernunft und Paranoia in trautem Zwiegespräch

    Jetzt noch eine knappe Woche. Und die Frage: Werde ich jemals in dieses Land zurückkehren? Gerade dachte ich: nein. Oh! Aber was hat das zu bedeuten? Was sollte ich dann alles in den wenigen kommenden Tagen zum letzten Mal sehen? Spüre eine deutliche Endzeitspannung, die mich nervös macht. Am Ende werde ich heute das Haus gar nicht verlassen. Es ist auch Sonntag, ich muss mich sortieren. Den Übergang denken. Augen brennen. Ist das eine Allergie? Frühblüher, superfrüh in diesem Jahr. Das weite Land, immerzu in überhitzten Räumen weiteratmen. Komischer Körper. Was weiß ich. In die Zurückhaltung gehen. Gegangen sein. Zu nervös, um zu lesen, it feels. Fuchskadaver! Vögel im freien Fall. I-do-Bird-Sequenzen. [Inzwischen bin ich zurück in Deutschland und vieles, von dem, was ich vor wenigen Wochen beschrieben habe, ist schon wieder überholt, aber vielleicht nicht vollkommen obsolet.] (mehr …)
  • Die schöne Stadt

    Die Stadt war so schön, in der Morgendämmerung, im Abendlicht, mitten in der Nacht, am Vormittag, vor 25 Jahren, heute noch, stellenweise, an den Rändern, in der Mitte, unter all den Schritten, entlang ihres erstaunlichen Rasters. Gehen, gehen, gehen, stehenbleiben. Dann wieder gehen, über die Manhattan Bridge unter dem ohrenbetäubenden Rattern der Metrozüge, die in kurzen Abständen die Brücke passierten, von oben auf die Küstenlinie der Gentrifizierung schauen, weitergehen, einsteigen, zurückfahren. Was so schön und gestern noch lebendig war. Und es morgen wieder ist, mit anderen Lebendigen. Eintreten in eine lange Zeit und gleich darauf, kurz vor der Abreise, kaum je wirklich dort gewesen sein.  (mehr …)
  • CAR BRAIN. The musings of durchgeknallter Car Dealer

    Es schneit. Die Autos schleichen dahin. Fußgänger gehen langsamer als sonst, sie gehen wie auf Eis. Sofort wird geräumt. Viele Leute sind mit der Beseitigung des Schnees, der fällt, befasst. Kleiner Schneepflug! Hehe, kleiner Schneepflug! Bildnis der Autorin als Kleiner Schneepflug. Der Schnee und die Sirenen. Die Schneehupe betätigen. Es schneit, ich muss die Schneehupe betätigen. Duolingo lässt mich sagen: Bu şahidim, kurban değilim. I am a witness, I am not a victim. Bu şehirde gezmek istiyorum. I want to walk around in this city.  (mehr …)
  • TROST und ANTI-TROST

    „The word ‚fact‘ stems from the Latin factum (thing done), and modern usage of ‚fact‘ is linked to double-entry bookkeeping practices in early mercantile capitalism. ‚Truth‘ is etymologically linked to ‚trust‘, and ‚authenticity‘, which shares roots with ‚authoritarian‘ and with ‚author‘, is historically linked to dramatic self-creation and rhetoric. Tellingly, the 2016 U.S. presidental election was described both as ‚the authenticity election‘ and as normalizing ‚fake news‘. The more politicians lied, the more ‚authentic‘ they appeared.“ (Wendy Hui Kyong Chun: Discriminating Data, Cambridge, 2021. Seite 32 (mehr …)
  • The Dictionary of Rational Meaning

    Die Farbe Violett der NYU ist überall, auf den Fahnen an den Fassaden, den Kleidern der Studierenden, sie ist auf Hinweisschildern, Notrufsäulen, Zugangskarten, Wegweisern und sie wirkt etwas protestantisch auf mich, die Farbe der Stille und Besinnung, Umkehr und Buße, oder auf eher altmodische Weise feministisch. (mehr …)
  • Die Bürokratie auf meiner Seite

    Immerzu füllte ich Formulare aus. In einem Webinar lernte ich, welche Formulare noch fehlten. Learn the basics of keeping your immigration status in the US valid as a J-1 Exchange Visitor at NYU. Our J-1 Orientation is designed to help you understand your rights and responsibilities, as well as help you adjust to life in NYC. (mehr …)
  • Der destruktive Charakter

    "Der destruktive Charakter kennt nur eine Parole: Platz schaffen; nur eine Tätigkeit: räumen. Sein Bedürfnis nach frischer Luft und freiem Raum ist stärker als jeder Hass.“ (Walter Benjamin: Der destruktive Charakter) Diese ausgestellte Unumwundenheit beeindruckt ja schon. An Formen theatraler Politik denken – und an ihre äußerst realen Folgen. (mehr …)
  • Das Gespenst der Maschine, die mich schreibt

    Die Gegenwart ist die offene Zeit, in der ich mich nicht auskenne, aber gleichzeitig einer der wenigen Orte, an dem ich Entscheidungen treffen kann. Gleich, übermorgen, sofort, nächste Woche, am besten nie. Aber ist die Gegenwart überhaupt ein Ort? Wenn sie kein Ort wäre, wo würde ich mich dann befinden? Gleichviel. Dringender ist eine andere Frage: Was ist jetzt zu schreiben, in dieser Gegenwart? Was ist jetzt zu tun? Und wie, auf welche Weise ist jetzt zu schreiben? Was muss jetzt übersetzt werden? Was möchte ich lesen können, in dieser Gegenwart? (mehr …)