• Die Documenta nach ihrem Ende (18.2.2023)

    .. A: Was glaubst Du, wird jetzt aus der Documenta? B: Ich bin mir nicht sicher, ob es sie noch gibt. A: Warum? B: Die Documenta war eine der erfolgreichsten Kunstinstitutionen der Welt, und sie war für ihre Geheimniskrämerei berühmt. Wie jeder amerikanische Präsidentschaftswahlkampf eine neue Form von Medienkampagne hervorbrachte, so brachte jede Documenta ihren eigenen Stil der Irreführung und Mystifikation zur Geltung. Das war ein Teil ihres Nimbus, und das war ihr Beitrag zum Boulevard-Theater. Die d15 war da keine Ausnahme, sondern nur die vorerst letzte Variante des Themas. Und das indonesische Kuratorenteam ruangrupa hat einige Betriebsgeheimnisse bis zuletzt gewahrt und entpuppte sich darin als stolze Vertreterin ihrer Zunft. Damit hat es jetzt ein Ende. (mehr …)
  • Ikonografie am Scheideweg. Ein Dialog zur documenta fifteen (31. August 2022)

    .A: Was hat Dich an der ganzen Documenta-Entwicklung dieses Jahres eigentlich so aufgeregt? B: Zuerst der Schrecken, als ich die Bildmotive von Taring Padi zu Gesicht bekam. Einige Wochen später hörte ich von einem befreundeten Indonesienexperten, dass es tatsächlich ein Mitglied von Taring Padi gab, das im übelsten Sinne von Verschwörungstheorien über Juden, die überall auf der Welt die Strippen ziehen, überzeugt war. Es kann gut sein, dass dieses Mitglied, das nicht mehr lebt, die entsprechenden Bildelemente beigesteuert hat. (mehr …)
  • Unter dem Klebestreifen (Made in Germany)

    Ja, es gibt einen latenten Grundantisemitismus in Indonesien, und ja, dieser Grundantisemitismus richtet sich gegen Israel. Und ja, es gibt indonesische Künstlergruppen, in denen einige Mitglieder in der Vergangenheit antisemitische Verschwörungstheorien vertreten haben. So hat es mir ein Indonesienexperte geschildert, und ich habe keinen Grund, an seinen Erfahrungen zu zweifeln. Der indonesische Antisemitismus scheint ein Antisemitismus ohne Juden zu sein, denn in Indonesien sind diese eine so winzige Minderheit, daß eine Mehrheit der Bevölkerung sie überhaupt nicht kennenlernt. Das macht diesen Antisemitismus nicht weniger gefährlich, denn wenn Leute etwas für real halten, hat es reale Konsequenzen. (mehr …)
  • Kollege kommt schon

    o o 2005 schrieb ich zu anderer Gelegenheit: Rembert Hüser beschäftigt in seinen Texten das Auftreten der Leute, die gerne für eine ganze Institution schreiben: für das Deutsche Haus, die Deutsche Literaturwissenschaft, die Deutsche Geschichte, und noch einige größere Gewölbe. Jemand spricht für das ganze Haus und alle sollen 'uns' sagen. Es geht um eine ganze Reihe von Prominenten. Habermas verteidigt den deutschen Limes gegen den Poststrukturalismus oder was er dafür hält. Lyotard beschwört das Erhabene mit Barnett Newman oder wen er dafür hält. Schirrmacher sucht die deutsche Gegenwartsliteratur und findet sie in der eigenen Gerontokratie. Luhmann besorgt das apokalytisch große Ganze der Systemtheorie und macht dabei komische Bemerkungen zur Frauenforschung. Rainald Goetz reitet für die Pop-Gegenwart von: Disko zu: Disko, und außer Freundetreffen passiert dabei nicht viel. Joschka Fischer möchte, daß sein Farbbeutel-Sakko im Deutschen Museum hängt, aber ihn haben die Flecken so sehr gestört, daß nichts mehr zu sehen ist (selber noch mal schmeißen?). Und auch einige Organe sprechen prinzipiell immer für das Haus: das Jahrbuch der Schillergesellschaft für die Germanistik, die FAZ für Deutschland, der MERKUR für deutsche Leitdifferenzen. (mehr …)
  • Die Überwindung der Maskenphobie

    Im Blick auf die Ansteckungsraten mit Covid19 erlaubt der Vergleich zwischen Ländern, die wie selbstverständlich auf das Tragen von Masken setzten und solchen, die gar nicht oder erst viel später dazu verpflichteten, den ersteren eine größere Kompetenz bei der Infektionseindämmung zuzusprechen. Wenn es die Statistik auch nicht einfach erlaubt, das Tragen von Masken als Ursache der großen Unterschiede in der Ausbreitung des Virus namhaft zu machen, so wird man trotzdem auf den Vorteil von Verhaltensmustern schließen dürfen, die mit dem Tragen von Masken einhergehen. Was also, wenn der Erfolg Singapurs, Südkoreas, Japans oder, wenn man den Zahlen glaubt, Chinas, auf entsprechende Verhaltensweisen zurückgehen, noch vor dem Social Tracking – oder möglicherweise in Verbindung mit diesem? (mehr …)
  • Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit (Aus Anlass einer Siegener Kontroverse)

    Vor einem Jahr hat mein Kollege, der Philosoph Dieter Schönecker, im Wintersemester 2018/19 an der Universität Siegen ein Proseminar unter dem Titel "Denken und denken lassen. Zur Theorie und Praxis der Meinungsfreiheit" angekündigt und veranstaltet, mitsamt einer Vortragsreihe, in deren Rahmen ausschließlich rechtspopulistisch argumentierende Akademiker und Politiker als externe Gäste aufgetreten sind, darunter der Publizist und Politiker Thilo Sarrazin und der AfD-Politiker und ehemalige Kunsthochschuldozent Marc Jongen. (mehr …)
  • Fortsetzung und Abschluss des Berichts: Installation einer Freisprechanlage

    Die bisherigen Briefe von Erhard Schüttpelz finden sich in diesem Blog-Eintrag 7.1.2019 Lieber Dieter, Thilo Sarrazins Einladung an die Universität Siegen darf keine Nobilitierung oder auch nur eine Anerkennung der Wissenschaftlichkeit Sarrazins bewirken. Im Gegenteil, Thilo Sarrazins Schriften sind nach übereinstimmender Einschätzung der Forschung wissenschaftsfremd und wissenschaftlich irreführend. Es ist für die Universität zentral, diese Tatsache beim Vortrag Sarrazins geltend zu machen. Thilo Sarrazin ist an die Universität Siegen nicht als Wissenschaftler eingeladen worden, sondern weil Du Deine eigene Wissenschaftsfreiheit beweisen wolltest, und dies durch die Einladung Thilo Sarrazins getan hast. Mit Wissenschaft hat das noch nichts zu tun, nur mit Wissenschaftsfreiheit. Die Wissenschaftlichkeit des Seminars und damit der grundständigen Lehre muss im Rahmen des Vortrags erst noch erarbeitet worden; was bereits im Falle Marc Jongens m.E. nur in Ansätzen gelungen ist. Ich möchte Dich bitten, für einen wissenschaftlichen Rahmen zu sorgen, in dem die Seminardiskussion stattfinden kann. Mit besten Grüssen, Erhard Schüttpelz (mehr …)
  • Installation einer Freisprechanlage. Ein vorläufiger Bericht in elf Briefen

    011.10.2018 Offener Brief: Lieber Dieter Schönecker, geschätzter Kollege, alter Kommilitone, am Philosophischen Seminar der Universität Siegen wird im laufenden Wintersemester folgendes Seminar angeboten: „Denken und Denken lassen. Zur Philosophie und Praxis der Meinungsfreiheit. Organisationseinheit:   Philosophisches Seminar (Verantwortlicher) Kommentar:                 In diesem Seminar geht es um die Philosophie und Praxis der Redefreiheit. Genauer gesagt geht es um die Frage, wie groß die Redefreiheit bei Veranstaltungen sein sollte, die an Universitäten stattfinden. (Es geht nicht um Islamismus, die Flüchtlingskrise usw.) Sollte es Grenzen geben, und wenn, wo liegen diese? Darf man Personen wie Thilo Sarrazin einladen oder wie Marc Jongen (MdB, AfD)? Nach einem Vorgespräch treffen wir uns zu einem ganztägigen Blockseminar, bei dem wir uns mit Auszügen aus Mills „Über die Freiheit“ beschäftigen werden. Ein wesentlicher Teil des Seminars ist eine Vorlesungsreihe, in der auch dezidiert konservative oder rechte Denker teilnehmen werden (u.a. Sarrazin und Jongen).“ (mehr …)