• Der letzte Medientheoretiker

    Friedrich Kittler soll einmal gesagt haben, solange es Leute wie Erhard Schüttpelz gebe, sei ihm um die deutsche Medientheorie nicht bange. Ein größeres intellektuelles Kompliment ist kaum vorstellbar, und doch ist es erklärungsbedürftig. Während Kittler nach seinem Tod international nach wie vor als Eigenname deutscher Medientheorie verstanden wird, trifft schon die Verortung von Erhard Schüttpelz im Binnenkontext ‚deutscher‘ Medientheorie nicht mehr zu. Selbst wenn Schüttpelz mitunter von sich selbst als „westlichstem der Westdeutschen“ spricht – und auch publizistische Pseudonyme durch geografische Hinweise ironisiert –, so ist für ihn der binnenwestdeutsche Maßstab wesentlich zu klein. Als postkolonialer Denker, Ethnologe und Literaturwissenschaftler, als analytischer Philosoph und Sprachtheoretiker, als Medientheoretiker, der Bruno Latour hätte seien können (so dieser dies denn gewollt hätte), als Sozialtheoretiker, Kulturtechnikforscher, Situationist, Strukturalist und nicht zuletzt als Musiker sprengt Schüttpelz alle Kategorien national und disziplinär verortbarer Wissenschaftskulturen. (mehr …)