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August 27, 2025 - Keine Kommentare
Wenn ich Nikolaus in den letzten Jahren besuchte, ging es viel um seine jüdische Herkunft. Er brach in Tränen aus, als ich ihn fragte, ob er sich mit Capers eine jüdische Frau gesucht habe, damit auch seine Kinder jüdisch seien. Mit den Tränen bracht er sein „Ja“ zum Ausdruck. Ich glaube nicht, dass Nikolaus gläubig war, aber er hatte ein archaisches Verhältnis zu seiner Herkunft. Seine Mutter hatte ihn nur mit einem Postausweis ohne Judenkennzeichnung 1939 in einer Klinik zur Welt bringen können, und er blieb Einzelkind. (mehr …) -
August 26, 2025 - Keine Kommentare
Auch wenn vom moralischen Fortschritt zurzeit wohl kaum die Rede sein kann, ist er in aller Munde – oder zumindest wieder vermehrt Gegenstand geistes- und sozialwissenschaftlicher Auseinandersetzung. Das ist auf den zweiten Blick nur konsequent, stellt doch die „Polykrise“ diesen für die Moderne so leitenden Begriff auf ganzer Breite infrage und weckt damit umgekehrt erst das Reflexionsbedürfnis über eine zuvor als selbstverständlich akzeptierte Idee. Dieses Bedürfnis ist nun auch wieder in der Kritischen Theorie angekommen. Bereits Ende 2023 veröffentliche Rahel Jaeggi ihr Buch Fortschritt und Regression, in dem sie sich bemüht, den Fortschrittsbegriff von seinen problematischen Konnotationen zu bereinigen und neu zu fassen. Nun folgt ihr auch die „ältere“ Generation in Gestalt von Axel Honneth, der in einem Essay für den Merkur den Standpunkt des moralischen Fortschritts verteidigt. (mehr …) -
August 20, 2025 - Keine Kommentare
Im Verlauf des Jahres, in dem er mein Mit-Fellow am Berliner Wissenschaftskolleg war, präsentierte sich Bashir Bashir zweimal der deutschen Öffentlichkeit: ein Interview, ein Vortrag. Beide Auftritte gaben der sogenannten Zeitung für Deutschland Anlass, ihn und sein Denken zu kommentieren. Wie reagiert ein Blatt, das sich als Iron Dome der Staatsräson versteht, auf einen Partisan der Aufklärung? Wie sieht die politische Landschaft aus, in der er sich bewegt? Wie verlässlich sind in Frankfurt die Radare der moralischen Feindaufklärung? Wann wird eine Zeitung zum Nachrichtendienst? Der Fall eines Intellektuellen, dessen Name auf Deutsch »Verkünder einer guten Botschaft« bedeutet, steht exemplarisch für das, was man in der Bundesrepublik wissen kann, aber nicht wahrhaben will. (mehr …) -
August 09, 2025 - Keine Kommentare
Die Wirtschaft in Minsk läuft blendend, seit Russland Krieg gegen die Ukraine führt. Die Republik Belarus gehört zu den stillen Kriegsgewinnern. In der Karl-Marx-Straße eröffnete im historischen Zentrum mitten im russischen Krieg ein nobles Restaurant namens Malewitsch. Dort versuchten KGB-Offiziere kürzlich in mehreren Anläufen einen Wissenschaftler als Spitzel anzuwerben, der zu den wenigen gehört, die über internationale Kontakte verfügt und noch in der Republik Belarus verblieb. Er floh nach Polen, weil er nicht mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammenarbeiten will. Der Verdacht, dass andere auf diese Weise angeworben wurden, um die belarussische Opposition von innen zu zersetzen, bleibt. Dabei verlagert sich der Schwerpunkt derzeit vom Inland in die Zentren des Exils. (mehr …)