• Philosophiekolumne. Sozialneid und Melancholie

    Nach der Tugend leben wir schon lange nicht mehr. So lautete ja einmal die Diagnose, die Alasdair MacIntyre der liberalen Gesellschaft stellte: Sie sei eine Gesellschaft after virtue.1 Sachlich betrachtet reflektierte diese Einschätzung darauf, dass die liberale Gesellschaft Normen folgt, die vom Sein der Menschen absehen. In der liberalen Gesellschaft wird Gerechtigkeit zur Fairness, bei der alle die Plätze der anderen einnehmen können müssen: ungebunden durch ihr Sein; wird Volkssouveränität zum Verfahren, bei dem alle sich über ihre aufrichtigen Ansprüche verständigen können müssen: ungebunden durch ihr Sein; wird Wirtschaften zur Wertschöpfung, bei der alle im Äquivalententausch fungieren können müssen: ungebunden durch ihr Sein. Entsprechend befinden sich Recht, Politik, Wirtschaft dann in guter Verfassung, wenn sie fair, kommunikativ und akkumulierend vorgehen: ungebunden durch das menschliche Sein. (mehr …)