• Neues aus KOKanien

    Karl Ove Knausgård stellt eine Frage: „Welchen Sinn sollte es haben, ein mittelmäßiger Literaturwissenschaftler zu sein?“ Auf Seite 397 von Träumen befindet sich Knausgård mitten im Literaturstudium in Bergen. Er hat eine Klausur zu Dantes Göttlicher Komödie geschrieben und entdeckt auf dem Schwarzen Brett des Instituts, dass sie mit einer 2,4 benotet wurde. Da sich Knausgård selbst für alles andere als einen Zweierschüler (aber für einen Dante-Kenner) hält, beantwortet er die Frage selbst so: „Das war doch vollkommen sinnlos.“ Träumen ist der fünfte und vorletzte Band von Knausgårds autobiographischem Projekt Min Kamp, und diese Szene findet sich ungefähr in der Mitte des Buches, das anders als die vorangegangenen Teile nicht zwischen Knausgårds Kindheit und seinem Erwachsenenleben hin- und herspringt, sondern chronologisch dem Zeitpunkt entgegengeht, an dem Knausgård als Autor etabliert ist und Bergen verlässt. Die Erzählung gliedert sich in zwei Teile: Wir begleiten KOK an die Akademie für Schriftsteller, wo er sich durch ein Jahr mit wenig Anerkennung für seine Schreibversuche und viel Liebeskummer quält, aus dem ihn erst seine Freundin Gunvor erlöst, die Ponys und Waffeln, Bücher aber weniger mag. Ihr zuliebe verbringt er ein Jahr auf Island, duscht in schwefeligem Wasser, versucht weiter zu schreiben. Er kehrt zurück nach Bergen, schläft mit einer anderen Frau, studiert weiter Literaturwissenschaft, arbeitet in einer Einrichtung für psychische Kranke und beim Campusradio, lernt seine erste Ehefrau kennen, verbringt Zeit in England, hat langsam Erfolg mit seinen Texten, kämpft mit seinem Vater, bis dieser stirbt, und die Leserinnen und Leser an eine Stelle geraten, an der sie schon mal waren. Knausgårds Ehe ist am Ende, er nimmt den Nachtzug nach Oslo; es soll alles anders werden. Wir wissen: bald wird er seine neue Frau kennenlernen, nicht mehr lang, bis er sich noch einmal so sehr verliebt, dass ein erster Kuss direkt in die Ohnmacht führt: es geht weiter. Um an diesen Punkt zu kommen, brauchen wir mit Knausgård lange, über 2000 Seiten – aber was sind schon ein paar Monate, Jahre, was sind schon ein paar hundert Seiten, wenn es darum geht, Hoffnung zu haben. (mehr …)
  • Russland und Deutschland. Blick ins Archiv

    Mit einem Schwerpunkt zu russischen Zuständen eröffnet das Heft im August. Zunächst befassen sich Oliver Carrol, Peter Pomerantsev und Artemy Troitsky unter anderem mit der Sprache der innerrussischen Opposition um Pussy Riot (Russlands 1968?). Im zweiten Gespräch richten Irina Doronina und Gusan Gusejnov ihre Blicke auf die deutsch-russischen Kulturbeziehungen und insbesondere auf die Rezeption russischer Literaten in Deutschland (Deutschland und Russland, frei zugänglich). (mehr …)
  • Karl Heinz Bohrer zu Heinrich Heines politischer Prosa

    Im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel Engagement. Konzepte von Gegenwart und Gegenwartsliteratur der Universität Bonn am 12.07.2013 sprach der vormalige Merkur-Herausgeber Karl Heinz Bohrer zum Thema Stil treibt Gesinnung aus. Heinrich Heines politische Prosa. Der Vortrag dauert knapp eine Stunde, die anschließende Diskussion mit Jürgen Fohrmann, Rektor der Universität Bonn, beginnt ab Minute 58:00. (Hier die Seite der Universität Bonn mit mehr Informationen.) Von Fohrmann im Merkur erschienen ist ein Aufsatz zur Weltgesellschaft und Nationalphilologie, er kann im Juliheft dieses Jahres und online hier nachgelesen werden. (lesen ...)
  • Blogroll: literaturkritik.de

    Das Rezensionsportal literaturkritik.de, das an den Lehrstuhl von Professor Thomas Anz an der Universität Marburg agebunden ist, ist eines der ältesten literaturkritischen Angebote im deutschsprachigen Internet. In großer Zahl und Breite und auf hohem Niveau werden hier literarische und kulturwissenschaftliche Neuerscheinungen besprochen. Die Texte erscheinen in monatlichen Ausgaben, die in der Regel um einen Themenschwerpunkt geordnet sind; von Anfang an gibt es die Texte des Onlinemagazins auch im Printformat. Der Literaturwissenschaftler und -kritiker Jan Süselbeck, Redaktionsleiter von literaturkritik.de, hat unsere Fragen per E-Mail beantwortet. (mehr …)
  • Jörg Dünne über das „Weltnetzwerke“-Projekt

    "Weltnetzwerke" ist eines der ungewöhnlichsten kulturwissenschaftlichen Projekte der jüngeren Zeit. Eine Gruppe von Forschern "reist" mit Phileas Phogg durch Jules Vernes gleichnamigen Roman in achtzig Tagen um die Welt. Alle zwei Tage werden neue Essays und Artikel veröffentlicht, geschrieben von einem Verbund von Forschern unterschiedlicher Disziplinen, der eine für die aktuelle akademische Landschaft fast singuläre Eigenschaft hat: Er ist nicht drittmittelunterstützt  oder gar -getrieben, sondern motiviert von der Leidenschaft für die gemeinsame Sache. Jörg Dünne, Romanist an der Universität Erfurt, erklärt im Gespräch Entstehung und Hintergründe der Weltnetzwerke. (mehr …)