• Pharaonische Felsinschriften im Gebiet von Aswân (Archiv)

    Der Ägyptologe Stephan Seidlmayer, Direktor der Abteilung Kairo des Deutschen Archäologischen Instituts, erhält in diesem Jahr den Gerda Henkel Preis, der alle zwei Jahre für herausragende Forschungen auf dem Feld der historischen Geisteswissenschaften vergeben wird und mit 100 000 Euro dotiert ist. Im Augustheft haben wir Stephan Seidlmayers Beitrag zu unserer Reihe "Neues aus der Alten Welt" veröffentlicht. Bis zum Ende des Monats schalten wir ihn hier frei.  *** Das Alte Ägypten ist, jedenfalls für den Historiker und Gesellschaftsforscher, das Land der Inschriften schlechthin. Die historisch-politischen Verlautbarungen der Könige, die Berichte der großen Funktionäre über ihr Wirken, alles das ist erstrangig im inschriftlichen Format überliefert, obwohl solche Texte nachweislich auch in Buchhandschriften zirkulierten. Doch am Stein bissen sich die Jahrtausende die Zähne aus. Deshalb ist die Epigraphik für den Ägyptologen der Kern des Kerngeschäfts.[1] In der großen Welt der Inschriften hat in jüngerer Zeit eine marginal scheinende Gruppe besonderes Interesse auf sich gezogen: das Feld der Fels- und Sekundärinschriften, das heißt der epigraphischen Marken, deren Anbringung nicht mit Bau oder Weihung eines Monuments verbunden war, weil sie sich natürlicher Felsflächen oder der Wände schon bestehender Bauten bedienten. Von diesen Inschriften geht eine doppelte Faszination aus. Keine andere Textgruppe kommt so dem aktuellen Interesse für "den Raum", dem spatial turn, entgegen, führt sie den Blick doch weit über Siedlungen, ja über besiedelte und zivilisierte Räume hinaus. Seit Satellitenbilder, GPS und Geländewagen der Forschung die Courage eingeflößt haben, den einst als Niltalhockern verschrienen Ägyptern auf ihren Zügen ins Weite zu folgen, Hunderte von Kilometern in die verlassensten Winkel der Sahara, vergeht kein Jahr ohne die überraschendsten Entdeckungen. Die Inschrift Mentuhotep Nebhepetres am Dreiländereck Ägypten-Sudan-Libyen oder die Inschrift Ramses III. bei der Oase Tayma auf der Arabischen Halbinsel.[2] Zu meiner Studienzeit hätte man sich nicht träumen lassen, dass es so etwas geben könnte. (mehr …)