Dezember 2017
Artikel aus dem Monat Dezember 2017
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Fun ist ein Schweißbad. Mette Ingvartsens „The Permeable Stage“ an der Volksbühne (14.12.)
Erst nur die Stimme, englisches Parlando mit leichtem dänischem Akzent. Auf der Bühne: kein Mensch zu sehen. Auf dem Boden Neonlicht, drei Streifen. Die Stimme kommt von nirgendwo, bis sich Mette Ingvartsen aus einer der vorderen Reihen erhebt, von wo sie, ich check das erst jetzt, den Text die ganze Zeit schon einsprach. Sie trägt eine gestärkt wirkende weiße Bluse und eine streng geschnittene schwarze Hose. Die Haare sind zum Pferdeschwanz gebunden. Sie geht auf die Bühne und wird sie später noch zweimal verlassen. Da reicht sie einem Mann in der ersten Reihe ein imaginäres Stück Scheiße. Und setzt sich auf einen Platz, der reserviert ist, mit einem Schild, das beim flüchtigen Vorbeigehen für mich aussah, als sei der Klappsitz kaputt. (mehr …) -
Das Europa der Alten
Es ist wahrscheinlich, dass auch wir noch unsere Tugenden haben, ob es schon billigerweise nicht jene treuherzigen und vierschrötigen Tugenden sein werden, um derentwillen wir unsere Grossväter in Ehren, aber auch ein wenig uns vom Leibe halten. Wir Europäer von übermorgen […] – mit aller unsrer gefährlichen Neugierde, unsrer Vielfältigkeit und Kunst der Verkleidung, unsrer mürben und gleichsam versüssten Grausamkeit in Geist und Sinnen, – […] wie wenig wir uns auch sonst altmodisch und grossväterhaft-ehrbar dünken mögen, in Einem sind wir dennoch die würdigen Enkel dieser Grossväter, wir letzten Europäer mit gutem Gewissen: auch wir noch tragen ihren Zopf. – Ach! Wenn ihr wüsstet, wie es bald, so bald schon – anders kommt!
Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse
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Ausstellung: Juden, Christen und Muslime im Dialog der Wissenschaften 500-1500
In Kooperation mit dem Martin-Gropius-Bau verlosen wir 5x2 Karten für die Ausstellung Juden, Christen und Muslime im Dialog der Wissenschaften 500-1500. Teilnahme bis 11.12.2017 auf unserer Facebook-Seite. Zur Ausstellung: Unsere heutige wissenschaftliche Welt steht auch auf den Schultern jener jüdischen, christlichen und muslimischen Gelehrten, die im Mittelalter Schriften der Antike übersetzten, zuerst im Nahen Osten ins Arabische und dann in Europa aus dem Arabischen ins Lateinische. Die Bedeutung des Wissenstransfers in dieser Epoche kann nicht überschätzt werden, auch wenn das nicht der einzige Überlieferungsstrang gewesen ist. Die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, erarbeitet von der Österreichischen Nationalbibliothek, widmet sich dieser überragenden Phase einer Begegnung der Kulturen. Die Ausstellung ist vom 9. Dezember 2017 bis 4. März 2018 im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Veranstalter Berliner Festspiele / Martin-Gropius-Bau. Eine Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek Wien. -
Zu den Pers. Akten „Luhmann“
Die Akte liegt digital vor. Farbig eingescannte, teils angegilbte Seiten, die Schatten, die das Papier dabei erzeugt hat, kehren am Bildschirm als Pixelwellen wieder. Zuerst rauscht es. Dann, auf Seite 34 erscheint das Gesuchte, Luhmann, und dann auch gleich im Rahmen eines Zeugnisses. Luhmann wird bezeugt, in dem Fall und der Akte so: „Herr Luhmann ist ein befähigter Jurist, ein schneller Denker und ein fleissiger Arbeiter. […] Dabei ist hervorzuheben, dass Herr Luhmann auch beim Vortrag umfangreicher Sachverhalte und in der Würdigung schwieriger Rechtsverhältnisse nicht am Konzept „klebt“. (mehr …) -
Es dreht sich halt mit. Zu Susanne Kennedys „Women in Trouble“
Wo immer es herkommt. Wo immer es hinwill. Es dreht sich im Kreis. Links herum, bis kurz vor Schluss. Langsam, so langsam, dass man dem Vergehen der Zeit und dem Vorüberdrehen der Räume, Figuren und Dinge nicht einfach nur zusieht, man sieht auch dem eigenen Zusehen beim Vergehen unweigerlich zu, man spürt sich selbst nach beim Empfinden, das sich nicht einstellt, und dieses fortgesetzte Sich-Nicht-Einstellen einer Empfindung führt so flott, wie an diesem Abend sonst nichts ist, zur tiefen Betäubung. (mehr …)